Brezeln, Bananen, Berliner

Beim Präsidenten vor dem Brandenburger Tor

  • Lucia Dettmer
  • Lesedauer: 2 Min.
Brezeln, Bananen, Berliner. Obamas Auftritt vor dem Brandenburger Tor. Der gleicht einem Volksfest. Dennoch gelingt es dem Präsidenten nicht, die Menge für sich zu begeistern.

Sengende Hitze, die Sonne knallt auf den Pariser Platz, der sich nach und nach mit geladenen Gästen füllt. Servicemitarbeiter verteilen Wasser in Plastikbechern, am Stand nebenan gibt es Brezeln mit Butter, Berliner und Bananen.

Auf einer Nebenbühne stimmt David Garrett die US-Hymne an, bald darauf »Eye of the Tiger«. Manche Besucher haben Fähnchen mitgebracht und tanzen, andere formieren ganze La Ola-Wellen. Die Stimmung ist wie bei einem Volksfest. Plötzlich frenetischer Jubel. Begleitet von Angela Merkel und Klaus Wowereit schlendert Barack Obama lässig zum Podium. Nach Wowereit und Merkel ist es endlich soweit: Obamas Rede beginnt.

Der Präsident freut sich sichtlich über den freundlichen Empfang - und fühlt sich so wohl, dass er das Jackett ablegt. Im Hinblick auf seine fehlende Begleitung witzelt er: Das Letzte, was Michelle gewollt habe, sei einer weiteren seiner Reden zuzuhören. Die Menge kreischt, johlendes Gelächter.

Dann wird er ernst. »Wir sollten uns hier nicht nur versammeln, um an die Geschichte zu erinnern, sondern um Geschichte zu machen«, sagt er. Frieden durch Gerechtigkeit - »peace for justice« ist das Credo seiner Rede. Es sei die Pflicht der westlichen Nationen, für weltweiten Frieden zu sorgen und den Kampf gegen Terrorismus aufzunehmen. Dabei reiche es nicht aus, sich auf seinen Lorbeeren auszuruhen: Denn so lange es Atomwaffen gäbe, sei auch unsere eigene Freiheit nicht sicher.

Obama hält inne, die Menge klatscht höflich. Kritische Blicke im Publikum. Es wird deutlich, dass der Präsident auch hier unter den geladenen Gästen nicht nur Freunde hat. Da gelingt es Obama das Ruder wieder herumzureißen. Der Präsident verspricht, dafür zu sorgen, dass Guantanamo geschlossen wird, und sich für mehr Umweltbewusstsein im eigenen Land einzusetzen. Da ist er wieder, der Präsident, den wir alle mögen möchten. Jubel, Fahnen werden geschwenkt.

Gegen Ende der Rede wieder deutliche Worte. »Es ist die Pflicht der Regierung, das Individuum zu beschützen«, sagt Obama. Im Hinblick auf den NSA-Überwachungsskandal ein klares Statement. Wieder verhaltenes Klatschen.

Der Präsident verabschiedet sich, Fanfaren vom Band ertönen. Obama legt seinen Arm um Merkel und schlendert mir ihr zum Ausgang. Der Besuchermenge, die sich Richtung Ausgang bewegt, wird deutlich: Obama wird seine Einstellung zur Bespitzelungsaffäre nicht ändern. Peace with justice.

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