Palästinenser bitten um Finanzhilfen

Geberländer sind jedoch misstrauisch

  • Oliver Eberhardt
  • Lesedauer: 3 Min.
US-Außenminister John Kerry ist zu einer weiteren Gesprächsrunde in Israel und Palästina eingetroffen. Dabei wird es diesmal auch um Finanzhilfen für die Palästinenser gehen, denn deren Regierung ist so gut wie pleite.

Am liebsten, heißt es, würde man einfach den Stecker ziehen, den Strom abschalten. »Aber das geht natürlich nicht«, sagt ein Sprecher de der staatlichen israelischen Stromversorger. Denn was bei Privatkunden, die ihre Rechnungen nicht bezahlen, ziemlich schnell passiert, würde in diesem Fall zu internationalen Verwicklungen führen. Denn es ist die palästinensische Regierung, die ihre Rechnung nicht bezahlt hat. Die hat sich mittlerweile auf umgerechnet rund 175 Millionen Euro summiert, was Israels Regierung in eine prekäre Situation bringt: Weil Investitionen in die Infrastruktur anstehen, soll das Defizit aus dem Staatshaushalt ausgeglichen werden. In dem allerdings auch Einsparungen beim Kindergeld in Höhe von umgerechnet 160 Millionen Euro geplant sind, wie der Sender Kanal Zehn vorrechnet.

Deshalb wird es bei den Gesprächen, die John Kerry in diesen Tagen mit Israelis und Palästinensern führt, neben der Frage, ob und unter welchen Bedingungen es zu Verhandlungen zwischen beiden Seiten kommen kann, auch ums Geld gehen: Die palästinensische Regierung will Finanzhilfen haben, und Israels Regierung möchte, dass die offenen Rechnungen bezahlt werden. Was bei den westlichen Geberländern für zunehmende Zurückhaltung sorgt.

Denn nach dem Rücktritt von Regierungschef Salam Fajad und dem überraschenden Abgang seines Nachfolgers Rami Hamdallah Ende vergangener Woche wird das Finanzgebahren der palästinensischen Regierung misstrauischer denn je beäugt: Das palästinensische Finanzministerium spricht von Schulden in Höhe von 3,1 Milliarden Euro. Dabei handelt es sich nur um fällige Forderungen. Die Tatsache, dass jährlich umgerechnet 153 Millionen Euro allein für Zinsen aufgewendet werden müssen, deutet darauf hin, dass es darüber hinaus Kredite gibt, die nicht offiziell angegeben werden.

Für Misstrauen sorgt auch, dass Unternehmen im Auftrag der palästinensischen Regierung bei den Endverbrauchern die Stromrechnungen eintreiben, aber den Lieferanten nur unregelmäßig bezahlen. Eine Situation, die auch bei Benzin und Gas besteht.

Auffällig ist auch das Budget des Präsidialamtes: Um die 50 Millionen Euro im Jahr stehen für die relativ kleine Behörde zur Verfügung. Wofür? Man verbittet sich Fragen nach der Zahl der Mitarbeiter, den genauen Aufgaben der Behörde oder gar dem Gehalt des Präsidenten.

Viele Geberländer haben bereits Konsequenzen gezogen. Zwar haben die USA Finanzhilfen in Höhe von 3,1 Milliarden Euro zugesagt, aber das Geld zum größten Teil an bestimmte Projekte gebunden. Damit wolle man sicherstellen, dass die Mittel der Bevölkerung zugutekommen, heißt es. Einen Ausgleich offener Forderungen schließt man in Washington, aber auch bei der Europäischen Union weitgehend aus. Ohne Reformen werde die Situation in wenigen Monaten erneut entstanden sein, sagen EU-Diplomaten.

Wozu nun auch noch kommt, dass Abbas nach dem Rückzug Fajads, der um Eindämmung der Korruption bemüht war, freie Hand hat, ohne dass ihm ein Parlament oder ein Regierungschef auf die Finger schaut.

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