Schmerz, lass nie nach!

Regisseur MICHAEL THALHEIMER über Gratwanderungen, Lernfähigkeit, Schlagzeug und den Wert von Irrtümern

  • Hans-Dieter Schütt
  • Lesedauer: ca. 7.0 Min.

Michael Thalheimer, 1965 im Hessischen geboren, ist einer der Spitzenregisseure des deutschen Theaters. Seine Ästhetik löste Skandale aus und Jubelstürme. Der studierte Schauspieler gilt als schneidend radikaler Geschichten-Verdichter. Er ist nie ausführlich, aber immer punktgenau. Seine Inszenierungen zeigen den Frierenden, woher die Kälte kommt - ein Lokaltermin im Kerngebiet der ruhlos fiebernden Menschenseele. Die nie und nirgends Grund für Frieden findet.

nd: Michael Thalheimer, demnächst hat Ihre Version von Schillers »Jungfrau von Orleans« in Salzburg Premiere. Wer schreibt, malt, komponiert oder auch inszeniert - der folgt einem Schmerz, um ihn gleichzeitig zu bekämpfen.
Thalheimer: Ja, jedes Werk wird aus einem Schmerz geboren. Auch das Theater nährt sich von Unerträglichem: Schuldigwerden, Sehnsuchtsfallen, Verletzungen, Tod. Wir spielen damit, um für die Momente einer schönen Unwirklichkeit die Illusion zu genießen, das Unerträgliche sei lebbar.

Wird dieser Schmerz, um dessentwillen man suchend in eine Arbeit geht, mit der Zeit geringer?
Nein. Ganz eindeutig: nein.

Und der Rettungsanker Routine? Das Faktum der Meisterschaft und der Anerkennung?
Erfolg ist ein Durchgangsstadium, wie das Glück, Meisterschaft ist ein Relativitätswort, und Anerkennung ist eine Maske des Rückschlags, der, so getarnt, auf seine Stunde lauert. Aber Routine, da haben Sie recht, kann i...



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