Fluglärm macht die Adern eng
Studie belegt, bei welchen Schallpegeln Gefäßschäden entstehen
Mainz (nd-Luchs). Es gibt inzwischen eine Reihe von wissenschaftlichen Studien, die den Zusammenhang von Fluglärm und Krankheiten belegen. Mediziner warnen vor allem vor Herzinfarkten, Bluthochdruck und Schlaganfällen. Doch die genauen Mechanismen, die zu diesen Erkrankungen führen, seien bisher nicht bekannt gewesen, so der Herzspezialist Professor Thomas Münzel, Direktor der II. Medizinischen Klinik und Poliklinik der Universitätsmedizin Mainz. Eine Studie belegt nun, dass nächtlicher Fluglärm schon bei gesunden Menschen zu Gefäßfunktionsstörungen, vermehrten Stresshormonen sowie verminderter Schlafqualität führen kann.
Die Studie ist im »European Heart Journal« veröffentlicht worden und wurde jetzt in Mainz vorgestellt. Sie zeigt konkret auf, wie und bei welchen Schallpegeln Gefäßschäden entstehen. Münzel hat schon früher darauf hingewiesen, dass die Störung der Nachtruhe zur Ausschüttung von Stresshormonen führt. Dadurch beschleunigt sich der Herzschlag, der Blutdruck steigt, die Blutgerinnung wird aktiviert. Das sind drei Risikofaktoren für Herzinfarkt und Schlaganfall. Dabei ist es egal, ob ein Mensch vom Lärm aufwacht oder nicht.
Im Rahmen der Studie wurden 75 gesunde Männer und Frauen während des Schlafs unterschiedlichen Lärmpegeln ausgesetzt. »In diesen Lärmszenarien haben wir Nachtflüge mit einem durchschnittlichen Lärmwert von 60 Dezibel simuliert und die Probanden zu Hause dieser Belastung in einem Feldversuch ausgesetzt«, so Frank Schmidt von der II. Medizinischen Klinik, der die Studie begleitete. Mal seien es 30, mal 60 simulierte Nachtflüge gewesen. Zur Kontrolle gab es ein »lärmfreies Nacht-Szenario«.
Die Wissenschaftler stellten fest, dass Nachtfluglärm das Stresshormon Adrenalin deutlich steigerte und die Gefäßfunktion erheblich verschlechterte. Die Studienergebnisse belegten, dass in gleicher Weise wie die Fluggeräusche zunehmen, die Erweiterungsfähigkeit der Arterien abnimmt. Die Studie weist auch nach, dass es keine Gewöhnung an den Lärm gibt. Wenn nach der Nacht mit 30 simulierten Überflügen später die Nacht mit 60 Flügen folgte, war die Gefäßfunktion noch einmal deutlich schlechter.
Es könne sein, dass die Lehrbücher neu geschrieben werden müssen, sagte Professor Norbert Pfeiffer, Medizinischer Vorstand und Vorstandsvorsitzender der Mainzer Unimedizin. Die bekannten gesundheitlichen Risikofaktoren müssten um Lärm ergänzt werden. Dicht besiedelte Räume und Krankenhäuser müssten vor Fluglärm geschützt werden. Pfeiffer sprach sich ebenso für ein erweitertes Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr am Frankfurter Flughafen aus, wie die Sprecherin des Bündnisses der Bürgerinitiativen gegen Fluglärm, Ingrid Kopp.
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