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Verwaltungsrat: Bundesagentur für Krise nicht gerüstet

Bei neuem Konjunktureinbruch wären bis zu elf Milliarden Euro für Kurzarbeit und andere Programme nötig

  • Lesedauer: 3 Min.

Nürnberg (dpa/nd). Die Bundesagentur für Arbeit (BA) ist nach Befürchtungen eines führenden BA-Verwaltungsratmitglieds für eine neue Wirtschaftskrise finanziell nicht gerüstet. Bis Jahresende werden die in guten Jahren gebildeten BA-Rücklagen auf voraussichtlich 1,7 Milliarden Euro schrumpfen. »Aber schon bei einer mittleren Krise wird die Bundesagentur zur Finanzierung von Kurzarbeit und anderen Arbeitsmarktprogrammen zwischen acht bis elf Milliarden Euro benötigen«, sagte der stellvertretende Verwaltungsratsvorsitzende Peter Clever der Nachrichtenagentur dpa.

Nach den enormen finanziellen Vorleistungen der Bundesagentur in der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 und 2009 verlangt Clever ein klares Bekenntnis der Bundesregierung zu einer finanziellen Unterstützung der Bundesagentur in Krisenzeiten - und zwar in Form eines nicht rückzahlbaren Zuschusses. Die Bundesregierung stehe hier in der »politisch-moralischen Pflicht« gegenüber der BA, sagt Clever, der die Arbeitgeber im BA-Verwaltungsrat vertritt.

Clever stellte zugleich klar, dass wiederholt vom Bundesarbeitsministerium im Krisenfall angebotene Darlehen der Bundesagentur der BA nicht helfen würde. Bei einem Arbeitslosenbeitrag von derzeit 3,0 Prozent »wird die Bundesagentur niemals in der Lage sein, von dem Schuldenberg herunterzukommen«, gab Clever zu bedenken. »Wenn wir aber nur einen Euro Schulden beim Bund haben, geht die Souveränität der Bundesagentur an den Bund über«, warnte das Mitglied des einflussreichen BA-Kontrollgremiums.

Clever warf der schwarz-gelben Bundesregierung zugleich vor, einen Teil der Hartz-IV-Kosten gesetzeswidrig den BA-Beitragszahlern aufzubürden. Die Koalition habe die BA jährlich mit rund vier bis fünf Milliarden Euro belastet - zunächst über den sogenannten Aussteuerbeitrag, später über den sogenannten Eingliederungsbeitrag. Als auch dieser vor dem Bundesverfassungsgericht überprüft werden sollte, habe die Bundesregierung nach neuen Wegen gesucht, »Beitragsmittel der BA-Versicherten in die Bundeskasse umzuleiten«, sagte Clever. So wolle Regierung der BA bis 2014 die kompletten Mehrwertsteuereinnahmen streichen, die sie ihr einst als Ausgleich für die Senkung des Arbeitslosenbeitrags zugesagt habe.

Clever erinnerte daran, dass der Bundesagentur mit der Senkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung zwischen 2007 bis 2012 rund 160 Milliarden Euro entgangen sein. Dem hätten lediglich 45 Milliarden Einnahmen aus der Erhöhung der Mehrwertsteuer gegenübergestanden. »Die Bundesagentur hat damit Arbeitgeber und Arbeitnehmer jährlich um rund 30 Milliarden Euro entlastet«. Dies sei ein gewaltiges Konjunkturprogramm.

Dagegen sieht die Bundesregierung die Bundesagentur für Arbeit (BA) »finanziell nachhaltig stabil aufgestellt«, wie ein Sprecher des Arbeitsministerium betonte. Nach ihren eigenen Berechnungen werde die Bundesagentur voraussichtlich Rücklagen aufbauen; für 2016 rechne sie mit Rücklagen von mehr als 9 Milliarden Euro, teilte der Sprecher auf Anfrage mit. Folglich werde die BA kein Darlehen des Bundes benötigen. Zugleich werde die BA vom bislang an den Bund zu leistenden Eingliederungsbeitrag entlastet. »Hierdurch erhöht sich zudem die Haushaltsautonomie der BA und die Risiken in ihrem Haushalt werden reduziert«, betonte der Ministeriumssprecher.

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