Staatsanwaltschaft prüft Urteile gegen Asylbewerber
Nach Medienberichten über Schnellverfahren gegen »Asyltouristen« / Flüchtlingsrat Brandenburg spricht von »rassistischen Entgleisungen«
Eisenhüttenstadt (dpa/nd). Umstrittene Urteile des Amtsgerichts im brandenburgischen Eisenhüttenstadt gegen Asylsuchende beschäftigen die Staatsanwaltschaft. Es werde geprüft, ob die Art der Rechtsprechung strafrechtlich relevant sei, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft in Frankfurt (Oder) am Montag. Hintergrund sind sogenannte Schnellverfahren des Amtsgerichts gegen Flüchtlinge wegen illegaler Einreise.
In Eisenhüttenstadt befindet sich Brandenburgs zentrales Aufnahmelager für Flüchtlinge. Viele kommen aus Krisengebieten wie Syrien, Afghanistan oder Tschetschenien.
Wie das ARD-Magazin »Report Mainz« in der vergangenen Woche berichtete, werden Asylsuchende vom Eisenhüttenstädter Gericht wegen illegaler Einwanderung oft in weniger als 15 Minuten zu Haft oder Geldstrafe verurteilt. Die Flüchtlinge seien »Asyltouristen«, die zu einem »Heer der Illegalen« gehörten, ihren Lebensunterhalt verdienten sie in der Regel mit Straftaten - meist Schwarzarbeit, hieß in Urteilen, auf die sich das ARD-Magazin beruft.
Der Flüchtlingsrat Brandenburg spricht von »rassistischen Entgleisungen« und fordert Aufklärung. Nach Artikel 16 des Grundgesetzes genießen politisch Verfolgte in Deutschland Schutz vor Haft und Strafverfolgung. Kritik kam auch von Juristenverbänden.
Beim Amtsgericht Eisenhüttenstadt wollte auf Anfrage niemand Stellung beziehen. Man äußere sich nicht zu den Vorwürfen, sagte ein Sprecher des Gerichts. Auch das Justizministerium in Potsdam hielt sich bedeckt. Man wolle zunächst die Ergebnisse der Staatsanwaltschaft abwarten, hieß es.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.