Linkspartei rudert zur »Arche« zurück

Halbierung der Fördermittel für das Kinderhilfsprojekt soll rückgängig gemacht werden

  • Karin Nölte
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Linkspartei.PDS in Marzahn-Hellersdorf rudert zurück: Auf der heutigen Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung will sie einen Antrag stellen, die Halbierung der bezirklichen Fördermittel für das Kinderhilfsprojekt »Arche« rückgängig zu machen. Auch die CDU wollte dazu einen Dringlichkeitsantrag einreichen. Beide Parteien wollten sich noch gestern im Jugendhilfeausschuss auf eine gemeinsame Formulierung einigen, denn inhaltlich würden sich ihre Anliegen treffen, sagte der amtierende Linke-Fraktionschef Torsten Kläring dem ND. Vor einer Woche hatte der Jugendhilfeausschuss mit den Stimmen der Linkspartei, gegen die der CDU, auf Antrag der FDP beschlossen, die Zuwendungen für die »Arche« im Jahr 2006 von bisher 36 800 auf 18 000 Euro zu senken. 17 andere Projekte der Jugendhilfe im Bezirk, die mit insgesamt fast einer Million Euro unterstützt werden, leisteten mit knappen Ressourcen ebenfalls eine hervorragende Arbeit, hieß es. So soll laut Kläring nicht der Beschluss revidiert werden, die gestrichenen 18 000 Euro sollen jetzt aus dem Haushaltsplan »kompensiert« werden. Der bundesweit bekannten »Arche« wurde breite Solidarität zuteil, den Mittelstreichern blies ein Proteststurm ins Gesicht. Für Kläring - »nicht erfreut über das Bild in der Öffentlichkeit« - hat die »Berichterstattung« über den Vorgang »Flurschaden« angerichtet. Der allgemeinen Empörung mochte sich die Linkspartei nicht anschließen. Noch am Montag verteidigte deren kinder- und jugendpolitische Sprecherin im Abgeordnetenhaus Margrit Barth die bezirkliche Entscheidung, die »zu respektieren« sei. Denn es sei »gutes Recht und auch die Pflicht« des Ausschusses, zu prüfen, ob Zuwendungen gerechtfertigt seien. Der Bezirk habe der »Arche« ausreichende Anschubfinanzierung und ein Schulgebäude entgeltfrei zur Verfügung gestellt, das Projekt könne sich nun »zum großen Teil selbst finanzieren«. Der Kürzungsbeschluss stelle »keine Abwertung der Arbeit der "Arche" dar«, meinte am selben Tag die Linke-Fraktion in der BVV samt Bezirksbürgermeister Uwe Klett in einer Presseerklärung. Man bedaure »Fehlinterpretationen, sie werden nicht von der Linkspartei geteilt«. Also alles nur »Missverständnisse«, wie die Fraktion meinte? Kaum. Denn der Bezirksverordnete Martin Uther (Linkspartei), auch Mitglied des Jugendhilfeausschusses, trieb die Peinlichkeit auf die Spitze. Er halte »eine Missionierung über den Magen für ehrenrührig« - in der christlichen Einrichtung wird vor dem Essen gebetet. Außerdem wahre der »Arche«-Gründer, Pfarrer Bernd Siggelkow, nicht die nötige körperliche Distanz zu den Kindern - weil er vernachlässigte Kinder auch einmal in den Arm nimmt. Damit kochte der Topf in der Provinzküche über. Pfarrer Siggelkow reichte eine Verleumdungsklage gegen Uther ein, fordert dessen öffentliche Entschuldigung und Entlassung aus dem Jugendhilfeausschuss. Die SPD-Fraktion verlangt von Uther die Rückgabe des BVV-Mandats. Sogar FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja, der die Mittelkürzung beantragt hatte, fordert Uthers Rücktritt. Die Linke-Fraktion distanzierte sich von der »an die Öffentlichkeit gelangten Äußerung unseres Verordneten Martin Uther«, »sie werden von ihm selbstkritisch hinterfragt werden«. Dann schaltete sich die Bundestagsabgeordnete Petra Pau in ihrem Wahlkreis ein. Am Dienstag fand die bezirkliche Linkspartei endlich das Gespräch mit Pfarrer Siggelkow. Sie habe ihr Bedauern zum Ausdruck gebracht, berichtete Kläring. Er selbst, Petra Pau, Uwe Klett und Jugendstadträtin Manuela Schmidt hätten Bernd Siggelkow um Entschuldigung gebeten. Mit Uther seien »intensive Gespräche« geführt worden. Uther teilte gestern mit, »durch das Publikwerden unsachgemäßer, nicht für die Öffentlichkeit bestimmter Notizen« habe er »Engagierte verunsichert und gekränkt«. Er bedaure dies, möchte sich entschuldigen und lege sein Amt im Jugendhilfeausschuss nieder. Kläring sagte, mit der Wiederherstellung der Fördersumme solle ein »öffentliches Signal« gesetzt werden. Das Verhältnis der gesamten Linkspartei zur »Arche« sei nun geklärt. Ruhe im Karton? Das ist fraglich. Denn der Wahlkampf lässt grüßen. Der CDU-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, Nicolas Zimmer, legte nach: Er fordert vom Landesvorsitzenden der Linkspartei, Klaus Lederer, eine Entschuldigung für Uthers Entgleisungen.

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