Taksim-Proteste: 19-Jähriger erliegt schweren Verletzungen
Nun fünf Tote bei Demonstrationen gegen türkische Regierung / Linkspartei fordert Freilassung von inhaftierten Aktivisten der Demokratiebewegung
Ankara (Agenturen/nd). Ein bei den Protesten gegen die türkische Regierung verletzter 19-jähriger Mann ist seinen Verletzungen erlegen. Wie die Nachrichtenagentur Dogan meldete, stieg die Zahl der Toten im Zuge des gewalttätigen Vorgehens der Polizei gegen die Demonstranten damit auf insgesamt fünf. Unbekannte Täter hatten am 2. Juni in der westlichen Stadt Eskisehir den an der dortigen Universität studierenden Ali Ismail Korkmaz angegriffen und schwer am Kopf verletzt. Dogan zufolge starb Korkmaz in der Klinik, in die er eingeliefert worden war.
Nach Angaben der Türkischen Ärztevereinigung TBB hatte es seit dem Beginn der Proteste Ende Mai bislang vier Tote gegeben - drei Demonstranten und einen Polizisten. Etwa 8000 Menschen wurden demnach verletzt. Die Proteste hatten sich an einem Stadtentwicklungsprojekt für den Gezi-Park nahe dem Taksim-Platz in Istanbul entzündet, dem 600 Bäume zum Opfer fallen sollten. Nachdem die Polizei am 31. Mai mit großer Härte gegen einige hundert Umweltschützer in Istanbul vorging, weiteten sich die Proteste zu landesweiten Demonstrationen gegen die konservativ-islamische Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan aus.
Derweil hat die Linken-Abgeordnete Sevim Dagdelen die Freilassung der immer noch inhaftierten Aktivisten der Demokratiebewegung in der Türkei gefordert. Anfang der Woche waren bei einer friedlichen Demonstration am Gezi-Park in Istanbul 80 Menschen festgenommen worden, darunter Dagdelen zufolge Mitglieder der Architekten- und Ärztekammer als auch des Berufsverbands der Ingenieure».
Die Vizevorsitzende der Deutsch-Türkischen-Parlamentariergruppe des Bundestages sagte, «im Grunde geht es der islamistischen AKP in der Türkei, die international den Schulterschluss mit den autoritären Moslembrüdern in Ägypten, Tunesien und Syrien als Teil ihrer neoosmanischen Außenpolitik übt, allein darum Regierungskritiker mittels Terrorismusvorwürfen einzuschüchtern». Die Bundesregierung sei aufgefordert, «Erdogan endlich in die Schranken zu weisen». Dagdelen sagte, wenn es nicht zu einer Strafverfolgung «der Verantwortlichen für den Polizeiterror» komme und die Verhaftungen friedlicher Demonstranten nicht beendet würden, dürfe im Herbst auch kein neues EU-Beitrittskapitel eröffnet werden.
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