Bulgarien oder Malediven?

In Sofia und anderen Großstädten wird täglich demonstriert - eine Bestandsaufnahme

  • Michael Müller, Sofia
  • Lesedauer: ca. 5.5 Min.

Seit Mai stehen sich in Bulgariens Volksversammlung Koalition und Opposition 120:120 gegenüber. Aktionsfähig ist die von Sozialisten geführte Regierung nur, weil sie sich von der rassistisch-nationalistischen Ataka-Partei tolerieren lässt. Auch darum geht es bei den täglichen Demonstrationen, vor allem aber um viel tiefergreifende Übel.

»NOlogarchia!« hat sie auf ihr Transparent geschrieben. Das trägt Tatjana Paskowa, wie sie erzählt, seit gut drei Wochen fast jeden Abend durch Sofias Zentrum. Mal zusammen mit 1000, mal mit 30 000 Leuten. Die meisten etwa in dem Alter der 33-jährigen Grafikdesignerin, also zwischen Ende 20 und Mitte 40. Sie sind die Aktivisten der Dauerdemonstration entlang des Boulevard Zar Oswoboditel: Adlerbrücke, Universität, Volksversammlung, Batembergplatz, Amtssitze von Präsident und Ministerpräsident, Unabhängigkeitsplatz. »Die machen ihrer Wut gegen die Oligarchen Luft, die das Land seit 1990 im Griff haben«, sagt Dr. Boris Awramow, Honorarprofessor an der Sofioter Uni. »Und dabei attackieren sie, weil sie besagte Oligarchen nirgendwo packen können, die Regierung, die sie für abhängig verbandelt mit denen halten«, erläutert er.

Ähnlich in anderen großen Städten, in Warna, Plowdiw, Burgas. Mit Trillerpfeifen und Sitzblockaden, mit Eie...


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