Gewerkschaften rekrutieren an Unis

Bremer Neueröffnung einer Gewerkschafts-Hochschul-Koop / Nur zwei Bundesländer verzichten drauf

  • Alice Bachmann, Bremen
  • Lesedauer: 3 Min.
Jetzt fehlen nur noch zwei: Seit diesem Jahr gibt es auch in Bremen eine Kooperationstelle für Hochschulen und Gewerkschaften. Die ersten Einrichtungen dieser Art wurden bereits vor 30 Jahren gegründet.

In der jüngsten Kooperationsstelle Hochschule-Gewerkschaft an der Hochschule Bremen geht es um die Kommunikation und den Transfer von Forschungsergebnissen in die Praxis. Daneben steht auch die ganz handfeste Zusammenarbeit in der Region im Blickpunkt. Die erst im Januar gegründete Kooperationsstelle versteht sich dabei als Kontaktvermittlerin von Experten: So sollen GewerkschaftsvertreterInnen in Vorlesungen aus ihrer Arbeitspraxis referieren. Auch ist vorgesehen, dass gewerkschaftliche Fragestellungen in die Lehrplangestaltung einfließen. Außerdem werden vermehrt WissenschaftlerInnen in Betriebe gehen, um vor Ort entstehende Fragestellungen auszumachen und in den Hochschulalltag zu tragen.

Die Freie Hansestadt Bremen gehört zur großen Mehrheit der Bundesländer mit mindestens einer solchen Kooperationsstelle, deren Ziel es ist, den Wissenstransfer zwischen Forschung und Praxis im Feld der arbeitsweltbezogenen Themen zu fördern. Lediglich in Bayern und Rheinland-Pfalz gibt es bisher keine.

In den alten Bundesländern wurden die Stellen zumeist vor rund 30 Jahren und in den neuen vor rund 15 Jahren mit finanzieller Unterstützung der Hans-Böckler-Stiftung aufgebaut. Insgesamt gibt es rund zwei Dutzend solcher Einrichtungen. Sie sind in einer an der Technischen Universität Berlin (TU) angesiedelten Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) zusammengeschlossen. Warum die beiden südlichen Bundesländer noch keines solcher formal gefestigten Projekte der Zusammenarbeit eingerichtet haben, ist der BAG »schleierhaft«, wie sie auf ihrer Homepage schreibt.

Was die BAG aber weiß: Die Gemeinsamkeit der unterschiedlich ausgerichteten, ausgestatteten und arbeitenden Einrichtungen bestehe in eben dieser Diversität. Die inhaltlichen Schwerpunkte reichen von Frauenförderung über Antirassismusarbeit und Weiterbildung für GewerkschafterInnen bis zum Transfer von Forschungsergebnissen in die Betriebe. Die unterschiedliche Ausrichtung dieser Stellen, zeigt sich im kleinsten Bundesland: Bremen verfügt über zwei Gemeinschaftsinstitutionen von Gewerkschafts- und Wissenschaftsplayern.

Bereits seit zwölf Jahren existiert mit dem Institut Arbeit und Wirtschaft (IAW) eine feste Kooperation zwischen Wissenschaft und Interessenvertretung von Beschäftigten. Das IAW hat seinen Sitz an der Uni Bremen und kooperiert mit ihr. Es gehört zur Arbeitnehmerkammer Bremen, einem Pendant zur Handelskammer. In Deutschland gibt es lediglich zwei Arbeitnehmerkammern. Die in Bremen blickt auf eine Geschichte von über 90 Jahren zurück. Die im Saarland wurde Anfang der 1950er Jahre gegründet. Die Bremer Arbeitnehmerkammer unterhält mit dem Dokumentationszentrum für Europäische Gewerkschaftspublikationen ein Kleinod unter den Archiven.

Denn das Doku-Zentrum in der Hansestadt sammelt und archiviert überregionale Gewerkschaftspresse Westeuropas mit Fokus auf deutschsprachigen Titeln. Das Archiv steht für Forschungen im gewerkschaftlichen Bereich zur Verfügung. Aktuell gibt es in Bremen ein Forschungsprojekt über Möglichkeiten der Förderung von Gesundheit und Lebensqualität in der Arbeitswelt. Dafür werden bis Ende des Jahres bestehende Konzepte aus Betrieben in der Nord-West-Region untersucht. Wobei ein Fokus auf den Möglichkeiten der Beteiligung und Einflussnahme von Arbeitnehmervertretungen liegt.

Einen deutlich anderen Schwerpunkt setzt die an der Technischen Universität Berlin beheimatete »Wissenschaftliche Weiterbildung und Kooperation« - eine Zusammenarbeit zwischen der TU und dem DGB. In der Arbeit hier wird der Weiterbildung von GewerkschafterInnen, BetriebsrätInnen aber auch älteren ArbeitnehmerInnen viel Raum gegeben.

Die an der Hochschule Stralsund ansässige Kooperationsstelle Wissenschaft und Arbeitswelt in Mecklenburg-Vorpommern wiederum hat über zehn Jahre gegen Rechtsradikalismus und Rassismus unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen gearbeitet. Genutzt wurde dabei das über den Europäischen Sozialfonds (ESF) finanzierte Bundesprogramm für Integration und Vielfalt »Xenos«. Die Kooperationsstelle »Martin-Luther-Universität - DGB Sachsen-Anhalt« in Halle hat als aktuelles Projekt ein Frauen-Karriere-Netzwerk ins Leben gerufen. Ziel ist es, junge Wissenschaftlerinnen darin zu stärken, sich im Forschungsbetrieb durchzusetzen und eine erfolgreiche akademische Laufbahn einzuschlagen.

Die Finanzierungsquellen der Kooperationsstellen sind so verschieden wie deren Schwerpunktsetzung. Das Bremer IAW mit dem Dokumentationszentrum für Europäische Gewerkschaftspublikationen wird zum Beispiel zum Teil von der Bremer Arbeitnehmerkammer getragen. Deren Finanzierung basiert auf den Pflichtbeiträgen der in der Hansestadt beschäftigten ArbeitnehmerInnen. Den zweiten Anteil an der Trägerschaft hält die Uni Bremen.

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