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Bürger reden beim Stromnetz mit
Wirtschaftsministerium und Netzbetreiber 50Hertz unterzeichneten Vereinbarung
Das Land Brandenburg und der Energienetzbetreiber 50Hertz werden die Bürger künftig besser einbeziehen, wenn Pläne zum Ausbau der Stromleitungen gefasst werden. Eine Vereinbarung zur Transparenz beim Netzausbau unterzeichneten am Dienstag Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (LINKE) und der Technische Geschäftsführer des Unternehmens, Frank Golletz.
Dabei bezeichnete Christoffers den notwendigen Dialog mit dem Bürger über geplante Infrastrukturprojekte und das Erreichen einer größtmöglichen Akzeptanz als die vierte Säule der Energiestrategie des Landes. Die rot-rote Regierung hatte im Februar 2012 ihre Energiestrategie 2030 beschlossen, die auf Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit sowie Umwelt- und Klimaverträglichkeit orientiert.
Akzeptanz und Bürgerbeteiligung seien »von großer Bedeutung« für das Gelingen der Energiewende, sagte Christoffers. »Seit wir vor zweieinhalb Jahren die Energiestrategie 2030 verabschiedet haben, führen wir regelmäßige Gespräche mit Bürgerinitiativen, Unternehmen und Verbänden zu geplanten Energieprojekten«, betonte er. Insgesamt habe das Wirtschaftsministerium in den vergangenen drei Jahren annähernd 150 Informations- und Diskussionsveranstaltungen sowie Vor-Ort-Termine durchgeführt. Die mit 50Hertz getroffene Vereinbarung sei bundesweit einzigartig. »Es geht uns darum, vorhandene Konflikte in Bewegung zu bringen, um am Ende Akzeptanz zu erzielen.«
Für 50Hertz war die Einbeziehung der Bürger ein Lernprozess, wie Falk Golletz einräumte. Erst spät sei man zu der Einsicht gekommen, »dass das Verständnis für Infrastrukturprojekte nicht vom Himmel fällt«.
Der Netzbetreiber ist in Brandenburg unter anderem für Bau und Ausbau der Uckermark-Leitung sowie des Berliner Rings zuständig. Der Ring gilt als die Lebensader für die Stromversorgung der Hauptstadtregion. Weitere Projekte werden folgen.
»Wir brauchen die Dialogbereitschaft von allen Seiten und haben den Willen, unser Informationsangebot kontinuierlich zu verbessern. Unsere Vereinbarung ist ein Signal an die Bürger im Land, dass wir uns genau dafür einsetzen«, verspricht der Geschäftsführer. »Bisher hatten wir ›Bürgerbeteiligung‹ erst dann, wenn der Bagger kommt. Dann ist es aber zu spät.«
Um die Bürger beispielsweise beim Aus- oder Neubau von Stromtrassen möglichst früh in die Entscheidungsfindung einzubeziehen, werde man einen digitalen Planungsordner erstellen und im Internet zugänglich machen. Dort könnten künftig die Antragsunterlagen für Bauprojekte eingesehen werden. So könne jeder Bürger detailliert erfahren, in welcher Weise er betroffen sei. Testfall sei hier der Berliner Nordring.
Der Unterzeichnung vorausgegangen war am Montag ein Fachgespräch zur Bürgerbeteiligung bei Energie-Infrastrukturprojekten. Dazu hatte Minister Christoffers Vertreter von Bürgerinitiativen, Umweltverbänden, Wirtschaft, Landesbehörden und kommunalen Spitzenverbänden sowie von anderen Ministerien eingeladen.
»Transparenz und Bürgerbeteiligung erreichen wir nur, wenn die Regierung, Unternehmen, Kommunen und Zivilgesellschaft gemeinsam daran arbeiten«, erklärte Christoffers. Er freue sich, dass der Dialog vorankommt. Dies sei ein »langwieriger Prozess, bei dem wir unter anderem klären wollen, wie die jetzt bestehenden rechtsförmlichen Planungsverfahren durch vorgelagerte Informations- und Beteiligungsverfahren ergänzt werden können«. Ausdrücklich lud Christoffers alle Firmen zum Dialog ein. Dabei verwies er auf den Anspruch der Zivilgesellschaft, mitzuwirken bei der Entscheidung über Infrastrukturprojekte jeder Art, aber auch generell mitzureden bei Industrievorhaben.
Die 50Hertz Transmission GmbH sichert Betrieb und Ausbau des Übertragungsnetzes, das die Stromversorgung von 18 Millionen Menschen gewährleistet. Zudem ist das Unternehmen verantwortlich für die Führung des elektrischen Gesamtsystems in ganz Ostdeutschland und in Hamburg.
Das Wirtschaftsministerium geht von insgesamt etwa 60 Bürgerinitiativen aus, die sich mit Energiefragen befassen. Die Zahl der monatlichen Zugriffe auf die Seite energie.brandenburg.de hat sich in den vergangenen drei Jahren auf etwa 35 000 verdoppelt; weitere 20 000 Zugriffe verzeichnet das Dialogportal »direktzu Energiepolitik für Brandenburg«.
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