Hausrecht gegen die Gewerkschaften

Filialleiter von Modekette »H&M« schickt Polizei zur Betriebsratswahl

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 3 Min.
Am Ende schaltete sich die Bundeszentrale des Klamottenriesen H&M ein. Die Beschäftigten der Stuttgarter Filiale konnte ihren Betriebsrat wählen - ohne die vom Filialleiter gerufene Polizei.

Die Beschäftigten der Stuttgarter H&M-Filiale hatten sich am 8. August gerade in der Heilbronner Stadtgalerie versammelt, um ihren Betriebsrat zu wählen. Doch bevor es zur Abstimmung kam, erschien die Polizei. Der H&M-Filialleiter hatte die Beamten gerufen, damit sie zwei Vertretern der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di Hausverbot erteilen, die auf Wunsch der Beschäftigten die Wahlen beobachten sollten. Unter den missliebigen Gewerkschaftern befand sich auch der zuständige ver.di-Sekretär Thomas Müßig

Schließlich sollte in der Filiale erstmals ein Betriebsrat gewählt werden, und der Leiter war darüber gar nicht begeistert. Dass dann auch noch Gewerkschaftsvertreter bei der Wahl anwesend sein sollten, wollte er schon gar nicht akzeptieren und rief nach der Staatsmacht. Er nehme damit sein Hausrecht war, so seine Begründung.

Dass die Wahl schließlich mit Verzögerung doch noch in Anwesenheit der beiden ver.di-Vertreter stattfinden konnte, lag an der Deutschlandzentrale von H&M. Ver.di hatte den Gesamtbetriebsrat eingeschaltet, das Unternehmen setzte auf Deeskalation und konnte letztlich auch den Filialleiter davon überzeugen, dass sein Herr-im-Hause-Standpunkt für die Interessen des Unternehmens kontraproduktiv ist. »Wir wollten den friedlichen Weg gehen«, erklärte eine H&M-Sprecherin - nicht ohne ver.di eine Mitschuld an der Zuspitzung zu geben. Die Gewerkschafter seien nicht als Wahlbeobachter erkennbar und auch nicht vorher benannt gewesen.

Auch die Polizei schien mit dem Einsatz gegen Gewerkschafter nicht besonders glücklich gewesen zu sein. So habe sich laut einem Bericht der »Heilbronner Stimme« der örtliche Polizeichef Roland Eselei persönlich in den Fall eingeschaltet und vor Ort auf Deeskalation hingearbeitet. »Wenn die Firma darauf bestanden hätte, dann hätten wir - Betriebsratswahlen hin oder her - das Hausrecht durchsetzen müssen«, betonte er allerdings gegenüber dem Lokalblatt seine Rechtsauffassung.

Dass in diesem Fall die Gewerkschaftsfreiheit gegenüber Hausrecht gestanden habe, bestätigte auch der langjährige Heilbronner Gewerkschafter Helmut Schmidt gegenüber »nd«. Er habe in seiner 40-jährigen Gewerkschaftstätigkeit viele Versuche erlebt, Betriebsratsgründungen zu verhindern. Einen Polizeieinsatz habe er allerdings noch nicht erlebt. Positiv sieht Schmidt, dass die H&M-Geschäftsleitung wohl aus begründeter Furcht vor einem Imageverlust auf Deeskalation gedrängt habe.

Auch die Heilbronner ver.di-Chefin Marianne Kegler-Wendt, kann sich in ihrer langen Gewerkschaftstätigkeit nicht daran erinnern, dass bei einer Betriebsratswahl die Polizei gerufen wurde. Allerdings hätte sie auch eine juristische Auseinandersetzung nicht gefürchtet. »Wir hätten den Fall gewonnen, wenn der Kollege wegen Hausfriedensbruch angezeigt worden wäre.« Die Betriebsratswahl war übrigens für die Beschäftigten erfolgreich. Bei einer Wahlbeteiligung von 70 Prozent haben die 56 Beschäftigten vier Frauen und nach der Minderheitenregelung auch einen Mann in das neu gegründete Gremium entsandt.

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