Alle Täter müssen in Haft

Sechs Männer im Prozess um den tödlichen Angriff auf Jonny K. verurteilt

  • Peter Kirschey
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Urteile gegen sechs junge Männer, die am 14. Oktober 2012 an den Rathauspassagen am Alex bei einer Prügelattacke Jonny K. tödlich verletzten, sind gefällt. Alle sechs Angeklagten erhielten Gefängnisstrafen, die nicht zur Bewährung ausgesetzt werden.

Das Landgericht verurteilte den Auslöser der Gewalttat, Onur U., zu einer Strafe von vier Jahren und sechs Monaten wegen Körperverletzung mit Todesfolge. Die anderen fünf Schläger erhielten Haftstrafen zwischen zwei Jahren und drei Monaten sowie zwei Jahren und acht Monaten wegen gefährlicher Körperverletzung und Beteiligung an einer Schlägerei.

»Am 14. Oktober 2012 hat sich eine Tragödie abgespielt, bei der ein junger, hilfsbereiter Mann ohne Anlass sein Leben verloren hat.« Mit diesen Worten leitete der Vorsitzende Richter der 9. Großen Strafkammer, Helmut Schweckendieck, die Urteilsbegründung ein. Es habe in dem Verfahren nicht lückenlos aufgeklärt werden können, welche Schläge oder Tritte für den Tod von Jonny K. verantwortlich seien. Auch sei nicht zu klären gewesen, welche Verletzung die Hirnblutung ausgelöst habe, die schließlich zum Tod des jungen Mannes führte.

Fest stehe jedoch, dass Onur U. in »einer Mischung von Dummheit, Arroganz, Aggressivität und Unverschämtheit« die Gewalttat ausgelöst habe. Obwohl Onur. U. stets Schläge gegen Jonny K. bestritten hatte, sah es das Gericht durch Zeugenaussagen als erwiesen an, dass er der Hauptverantwortliche für das Geschehen sei. Die Höhe der Strafe begründete das Gericht auch mit einschlägigen Vorstrafen, mit seiner Flucht in die Türkei und seinen Erfahrungen als Boxer. Es sei oberster Grundsatz eines Boxsportlers, seine Fähigkeiten nur im Ring einzusetzen und nicht auf der Straße. Er müsse für die gesamten Tatfolgen einstehen, auch wenn er möglicherweise nicht den tödlichen Schlag ausgeführt habe. Bei ihm erkannte das Gericht schädliche Neigungen. Onur U. nahm das Urteil gelassen hin, fand hin und wieder offensichtlich auch Grund zum Schmunzeln.

Für die folgenden Misshandlungen, die Schläge und Tritte gegen den Kopf des am Boden liegenden Opfers seien alle Täter in gleicher Weise verantwortlich. Ebenso für den Gewaltexzess gegen das zweite Opfer, das bei dem Angriff schwer verletzt wurde. Nur der erste Faustschlag gegen Jonny K. sei den anderen nicht zuzurechnen. Als strafmildernd wertete das Gericht die Teilgeständnisse der nun Verurteilten, die ihre Mitwirkung an der Schlägerei eingeräumt, den tödlichen Schlag jedoch bestritten hatten. Strafverschärfend nannte das Gericht die Tatsache, dass der Angriff ohne jeden Anlass mit großer Brutalität erfolgt sei und mit tragischen Folgen endete.

Der Vorsitzende Richter fand in einer Vorbemerkung sehr kritische Worte gegenüber der Sensationspresse, die einen außerordentlich negativen Einfluss auf den Verlauf des Verfahrens genommen und die Arbeit des Gerichts ernsthaft behindert habe. Er nannte vor allem die unrühmlichen Aktivitäten der »BZ«, die dazu geführt hätten, dass ein Laienrichter ausgeschlossen werden und der Prozess neu aufgerollt werden musste. Das habe nicht nur dem Steuerzahler viel Geld gekostet. Vor allem die Verwandten und Freunde von Jonny K. mussten die Tortur der Befragung der Täter zweimal über sich ergehen lassen. Auch habe die massive Vorverurteilung einiger Medien den Prozessverlauf beeinträchtigt.

Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Der Haupttäter Onur U. bleibt, bis das Urteil endgültig geworden ist, weiterhin in Untersuchungshaft. Die fünf anderen Mittäter erhielten Haftverschonung und konnten bis zur Rechtskraft den Gerichtssaal als freie Männer verlassen. Einige Verteidiger haben bereits Revision angekündigt. Für den Verteidiger von Onur U. ist das Urteil zu hoch.

Mit dem Urteilsspruch blieb die Kammer etwas unter den Anträgen der Staatsanwaltschaft. Die hatte Strafen zwischen zweieinhalb und fünfeinhalb Jahren gefordert. Die Verteidiger hatten in ihren Plädoyers für alle Angeklagten Bewährungsstrafen beantragt.

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