Ein Kinderkrimi, der wachrüttelt
Jugendliche präsentieren gemeinsamen Film über die Verdrängung von Klubs
Aufgeregtes Geflüster, Popcorn wird verteilt, ein kleines Kind krabbelt fröhlich über den Boden. Im kleinen Saal des Kino Arsenal am Potsdamer Platz herrscht am Montag bei der Premiere des Filmprojekts »Hände weg von unseren Klubs!« ausgelassene Stimmung. 18 Jungen und Mädchen im Alter von acht bis 14 Jahren aus dem Jugendklub »Marzahner Kinderkeller« des Kinderrings und aus der Ferienbetreuung im Pestalozzi-Fröbel-Haus an der Schöneberger Grundschule haben über die Osterferien an dem Projekt gearbeitet. Gemeinsam mit der Filmemacherin Kerstin Groner und der Fotografin Gab Kiess entwickelten die Marzahner und Schöneberger Kinder das Drehbuch, die Dialoge und den Drehplan und entdeckten dabei eigene Talente. »Am meisten Spaß gemacht hat es mir, vor der Kamera zu stehen und zu schauspielern«, sagt Emily (10). Das Ergebnis ihrer Arbeit regt jedoch zum Nachdenken an. Denn der Kinderkrimi handelt von einer reichen Finanzinvestorin, die Kinderhorte aufkauft, um dort Luxusapartments zu bauen. Ein Vorgehen, das viele der Kinder selbst schon einmal erlebt haben. »Unsere Schule sollte auch schon einmal geschlossen werden«, sagt Robert (11), einer der Protagonisten des Films. Im Film gelingt es den Kindern, die Investorin als Betrügerin zu entlarven und den Verkauf der Kinderhorte zu stoppen.
Das Projekt der Hingucker-Reihe ist jedoch weit mehr als eine gern gesehene Ferienbeschäftigung. Vielmehr soll das gemeinsame Arbeiten an dem Projekt dabei helfen, die Vorurteile der Kinder untereinander abzubauen und sie spielerisch einander näher zu bringen. »Viele der Eltern ziehen zwischen Ost und West noch immer eine Grenze. Manche denken etwa, Marzahn bestehe nur aus Hochhäusern«, sagt Oliver Schworck, Bezirksstadtrat für Jugend, Ordnung und Bürgerdienste in Tempelhof-Schöneberg, der das Projekt neben Juliane Witt, der Bezirksstadträtin für Jugend, Familie, Kultur und Weiterbildung in Marzahn-Hellersdorf, als Schirmherr betreute. Manche der Kinder, so stellt es sich heraus, waren noch nie in dem jeweils anderen Bezirk unterwegs. Durch das Filmprojekt konnten die Schöneberger und Marzahner Kinder erste Freundschaftsbande knüpfen und Gemeinsamkeiten entdecken. »Wir sind gar nicht so verschieden«, stellt Emily fest.
Das aktuelle Filmprojekt ist die mittlerweile fünfte Auflage der Hingucker-Reihe, eines Projekts des Kinder- und Jugendbüros Marzahn-Hellersdorf im Humanistischen Verband Berlin-Brandenburg. Realisiert werden konnte es durch die finanzielle Unterstützung des Paritätischen Wohlfahrtverbands Berlin, der die Hingucker-Reihe seit Beginn fördert. »Es ist nicht auszudenken, was geschieht, wenn es solche Projekte nicht mehr gibt«, sagt Andreas Schulz, Fachreferent beim Paritätischen. Dass es im kommenden Jahr eine sechste Auflage der Hingucker-Reihe geben wird, bleibt bis dato jedoch unklar. Denn die öffentlichen Geldtöpfe für Projekte wie die Hingucker-Reihe, schrumpfen zusehends. »Die Angebote werden immer weniger. Das liegt an der falschen Themensetzung für öffentliche Gelder«, sagt Oliver Schworck. Ein Krimi auf kommunaler Ebene, der, so mag man hoffen, auch im echten Leben ein gutes Ende findet.
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