Ein schnelles Date im Wahlkampf
LINKE eröffnet in Leipzig den Bundestagswahlkampf
Die Plakate waren überall auf dem Leipziger Markt zu sehen: »Bomben schaffen keinen Frieden!«, war auf knallrotem Grund zu lesen. Die LINKE beging in der Stadt heute den Auftakt für ihren bundesweiten Wahlkampf, und die Kampagne, bei der bisher eher soziale Fragen im Mittelpunkt standen, bekommt gerade ein neues, zusätzliches Thema: die Ablehnung eines militärischen Abenteuers in Syrien.
Dieses wäre »eine völlig falsche Reaktion« auf den Einsatz von Giftgas gegen Zivilisten, sagte Gregor Gysi, Spitzenkandidat und Chef der Fraktion im Bundestag. Die für dieses Verbrechen Verantwortlichen müssten zwar schnell ermittelt und vor den Internationalen Strafgerichtshof gestellt werden. Ein militärisches Eingreifen aber wäre »die nächste Katastrophe«, sagte Gysi unter starkem Beifall der Zuhörer, deren Zahl die Veranstalter auf 5000 bezifferten. Er fürchte ein Übergreifen auf Nachbarländer wie Türkei und Israel und einen »Flächenbrand«. In Leipzig hat die Partei für den morgigen Donnerstag bereits zu Protesten vor dem US-amerikanischen Konsulat aufgerufen.
Die Haltung ist aus Sicht der Genossen konsequent; schon bisher seien Kriegseinsätze eines von mehreren Themen gewesen, bei denen die LINKE im Bundestag »die einzige Partei war, die widerspricht«, wie Gysi sagte. Er äußerte seine Hoffnung, dass dies am 22. September von den Wählern honoriert wird. Es bestehe die Chance, »gestärkt« ins Parlament einzuziehen und womöglich ein zweistelliges Ergebnis zu erzielen. Ein solches war den Genossen erstmals seit langem von einer am heutigen Mittwoch veröffentlichten Umfrage in Aussicht gestellt worden.
Wagenknecht beklagt »Kuschelkurs«
Auch die Partei- und Fraktionsvize Sahra Wagenknecht hofft auf eine zahlenmäßige Stärkung der Fraktion. Das erlaube es dieser, eine wie auch immer geartete künftige Regierung »aus der Opposition vor uns herzutreiben«. Eine Regierungsbeteiligung der LINKEN ist zumindest aus Sicht von Wagenknecht derzeit nicht denkbar. Zwar hätte die SPD »unsere Unterstützung«, wenn sie sich ernsthaft von der Agenda 2010 distanziere. Auf derlei Rückhalt könne aber ihr Kanzlerkandidat, der »Bankenfreund« Peer Steinbrück, nicht bauen. Wagenknecht beklagte, dass sich die Positionen von CDU und SPD kaum unterschieden. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Steinbrück wirkten »wie zwei, die sich verdammt lieb haben«. Ihr »Kuschelkurs« solle eine erneute Große Koalition vorbereiten. Folge ist nach Ansicht von Wagenknecht ein »gähnend langweiliger Wahlkampf«.
Die LINKE will diesem mit der heutigen Auftaktveranstaltung mehr Schwung verleihen. Dazu wurden unter anderem die sächsischen Direktkandidaten vorgestellt, denen bei einem »Speed Dating« Fragen gestellt werden konnten – einem »schnellen Kennenlernen«, übersetzte die als Moderatorin auftretende Parteichefin Katja Kipping. Was den Elan der Kampagne anbelangt, hat die Partei in den verbleibenden Wochen bis zum Wahlsonntag aber noch Reserven. Das sagt zumindest Andreas Wieczorek, der Sänger der Berliner Band »Polkaholix«. Die spielte auf dem Leipziger Markt zum Kampagnenauftakt, hatte aber einige Mühe, die Zuhörer zum Mitmachen zu animieren. »So«, stichelte Wieczorek, »wird das mit der Revolution aber nichts.«
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