Wohnen in der Krise – Russland
Die Willkür des »Kassierers«
Marina Semjonowa hat Piroschki gebacken – Teigtaschen, gefüllt teils mit Hackfleisch, teils mit Kohl – und guten Assam-Tee gekauft. Mit dem Staubwedel geht sie noch einmal über die Schleiflack-Möbel made in USSR im Wohnzimmer. Einfach so. Denn alles blitzt bereits vor Sauberkeit. Doch heute kommt er: Sergej Jurjewitsch. Der Vermieter. Der Kassierer, wie Semjonowa ihn nennt. Ihm gehört die knapp 40 qm große Wohnung am Stadtrand von Moskau. Zwei winzige Zimmer mit schiefen Wänden und Blümchentapete, Bad und Klo getrennt und winzige Verschläge, die Küche kaum größer. Die Waschmaschine steht im Korridor, wenn sie schleudert, fliegt regelmäßig die Sicherung raus.
Chruschtschowka nennt der Volksmund die fünfgeschossigen Plattenbauten die auf Geheiß des damaligen Parteichefs Nikita Chruschtschow Ende der Fünfziger von Bau-Bataillons der Armee schlampig und im Eilzugtempo hochgezogen wurden, um die Wohnungsnot zu lindern. Eine davon f...
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