Wachsen auf neuer Bühne

Eintracht Frankfurt will in der Europa League den nächsten Entwicklungsschritt machen

  • Frank Hellmann, Frankfurt am Main
  • Lesedauer: 3 Min.
Bei Eintracht Frankfurt löst der Einzug in die Gruppenphase der Europa League eine besondere Begeisterung aus. Der nächste Bundesligagegner Dortmund könnte als Vorbild dienen.

Jan Rosenthal ließ sich nicht lange bitten: Auf der Ehrenrunde nach dem 2:1-Arbeitssieg von Eintracht Frankfurt im Playoff-Rückspiel zur Europa League gegen Karabach Agdam stolperte der Offensivallrounder fast über eine liebevoll aus Pappe und Aluminiumfolie gebastelte Nachbildung des Europapokals. Kurz danach klemmte er sich das Erinnerungsstück einfach unter den Arm und nahm es mit nach Hause. Noch ein Zeichen mehr, wie sehr der Einzug in den Europapokal nach siebenjähriger Abstinenz nicht nur die Fans, sondern auch die Beteiligten elektrisiert.

Wo andernorts über den zweitklassigen europäischen Wettbewerb noch Nasenrümpfen angesagt ist, findet die Eintracht diese Bühne richtig klasse. »So eine wundervolle Stimmung hat es für ein Quali-Spiel in der Geschichte des UEFA-Cups noch nicht gegeben«, jubilierte selbst der ansonsten so zurückhaltende Vorstandschef Heribert Bruchhagen.

Und wenn es genug Billigflieger nach Monaco gegeben hätte, »wären unsere Fans auch gleich noch mit zur Auslosung geflogen«, glaubt Finanzchef Axel Hellmann, der im Fürstentum gemeinsam mit Bruchhagen am Freitag mit einem genügsamen Lächeln verfolgte, wie die Hessen mit Girondins Bordeaux, Apoel Nikosia und Maccabi Tel Aviv lösbare Aufgaben für die Gruppenphase zugelost bekamen. Es hätte wirklich schlimmer kommen können. Für den jovialen Vereinspräsidenten Peter Fischer steht fest, dass die Eintracht-Fans nun »zu Tausenden durch Europa« reisen werden. Dass die drei Heimspiele allesamt vor ausverkauftem Haus über die Bühne gehen, gilt als garantiert.

Sportlich und wirtschaftlich soll die Europa League der Eintracht den nächsten Entwicklungsschritt bringen. Viele Frankfurter Spieler kennen internationale Vergleiche nur vom Hörensagen. Und weil mit dem Ausscheiden des VfB Stuttgart am Donnerstagabend (2:2 gegen HNK Rijeka) nur noch der SC Freiburg die Bundesliga vertritt, wird der aus Medienerlösen gespeiste UEFA-Marketingpool nur durch zwei deutsche Vereine geteilt. Hellmann hat dadurch einen Zusatzerlös von fast einer Million Euro errechnet, insgesamt kann Frankfurt bereits jetzt mit sechs Millionen von der UEFA planen.

»Europa darf sich freuen. Es gibt nicht viele Vereine, die so ein Spektakel machen und solche Zuschauer haben«, glaubt Armin Veh. Der Trainer hat mit dem VfB Stuttgart und dem VfL Wolfsburg schon in der Königsklasse gespielt, aber so etwas eben auch noch nicht erlebt. »Europacup in diesem Jahr« dröhnte es durch die Arena, in der die Zuschauer wahrlich eindrucksvolle Choreografien inszenierten und tausendfach Pokale aus Pappmaché in die Luft stemmten. Tatsächlich gibt es nicht viele Vereine, die gegen einen Vertreter aus Aserbaidshan ein vorab fast ausverkauftes Stadion hätten melden können.

Einer ist Borussia Dortmund, Gegner von Eintracht Frankfurt am Sonntag in der Bundesliga. Es ist eine interessante Parallele, dass die jüngere Erfolgsgeschichte der Schwarz-Gelben 2010/11 auch in einer Europa-League-Saison inklusive des Qualifikationsduells mit Karabach Agdam begann. Hans-Joachim Watzke rechnet gerne vor, dass darüber damals fast 14 Millionen Euro in die klamme Vereinskasse kamen.

Der BVB-Boss sieht auch in Frankfurt »eine Menge Wachstumspotenzial«. Nur sollte Bruchhagen nicht länger die Umverteilung der Einahmen anderer Klubs aus der Champions League an die gesamte Liga fordern. Vielmehr seien eigene Konzepte gefragt, wie das nun fließende Geld aus der Europa League nachhaltig investiert wird. Watzke: »Wir sind doch das beste Beispiel dafür, was mit viel Geduld, innovativen Ideen und besonderen Wegen möglich ist.«

Ergebnisse Playoff, Rückspiele

Stuttgart - *Rijeka 2:2 (1:1) Hin 1:2

*Frankfurt - Karabach 2:1 (1:0) 2:0

Teams mit * in der Gruppenphase

App »nd.Digital«

In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!