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Defizite beim Schutz von Kleinkindern

Chirurgen fordern bessere Einbindung der Ärzte bei der Aufdeckung von Misshandlungen

  • Anja Laabs
  • Lesedauer: 2 Min.
Weil Unfälle und Misshandlungen die häufigsten Todesursachen von Kleinkindern sind, fordern Kinderchirurgen mehr Schutz im häuslichen Umfeld und eine bessere Zusammenarbeit der zuständigen Behörden.

Guido Fitze, Chefarzt der Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie am Universitätsklinikum Dresden, machte jüngst darauf aufmerksam, dass gerade Kleinkinder häufig Kopfverletzungen bei Stürzen erleiden. Allerdings seien solche Verletzungen ebenso wie Knochenbrüche eben nicht immer Folge von Unfällen. Hier müsse unbedingt auch an andere Gefährdungen des Kindeswohls gedacht werden. An dieser Stelle komme Ärzten eine wichtige Rolle zu. Doch gerade in der Zusammenarbeit zwischen Ärzten und kommunalen Einrichtungen sieht Fitze Schwierigkeiten. »Diese Bereiche finden schwer zueinander und die Gesellschaft verschenkt viel Potenzial zum Schutz der Kinder, wenn sie die medizinischen Institutionen nicht mehr und besser in die Präventionsarbeit einbezieht.« Schließlich sei es der Kinderarzt, der das Kind bis zum dritten Lebensjahr mehr oder weniger regelmäßig sieht. Er könne Entwicklungsstörungen, Traumatisierungen und Verwahrlosung erkennen.

Die Kinderschutzbeauftragte und Kinderchirurgin Frauke Schwier, ebenso von der Universitätsklinik Dresden, sieht nicht nur die mangelnde Zusammenarbeit zwischen Institutionen als Problem. Generell redeten Ärzte lieber mit Ärzten und Sozialarbeiter lieber mit Sozialarbeitern. Auch die Meldewege seien kompliziert. Es gebe keine überregionalen Institutionen, die alle Meldungen und Verläufe erfassen sowie die notwendigen Maßnahmen koordinieren können. Schwier sieht einen großen Schulungsbedarf bei Ärzten und medizinischem Personal, um Unfälle von Misshandlungen unterscheiden zu können.

Für den Rechtswissenschaftler der Fachhochschule Potsdam, Peter Knösel, ist klar, dass Ärzten beim Kinderschutz eine wichtige Rolle zukommt. Die Zahl der Kinder, die von ihren Eltern wegen Vernachlässigung und Misshandlung getrennt werden müssen, ist in Deutschland sehr hoch. 2011 gab es 38 500 Fälle. Ein noch größeres Problem sei die hohe Dunkelziffer - also gefährdete Kinder, deren Leid niemand bemerkt. Das sind nach den Erfahrungen der Kinderärztin Frauke Schwier besonders Kleinkinder. Die seien nicht deshalb gefährdet, »weil sie sich irgendwie anders verhalten, sondern allein dadurch, dass sie auf der Welt sind«.

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