Aufruf für »Solidarität statt Rassismus« veröffentlicht
Weil Flüchtlinge wieder fliehen müssen: Bereits über 1.000 Unterzeichner kritisieren behördliche Missstände und neue nationalistische Diskurse
Berlin (nd). Bereits mehr 1.000 Menschen haben einen Aufruf des Netzwerkes Kritische Migrations- und Grenzregimeforschung unterzeichnet, der sich dafür einsetzt, »den virulenten Rassismus zu stoppen« und stattdessen Solidarität zu praktizieren. Zwar habe »ein Teil der gesellschaftlichen und politischen Eliten Deutschlands« in den vergangenen Monaten gelernt, »im Nachhinein Rassismus zu erkennen und zu benennen«. Ein Blick »auf die ganze Breite der rassistischen Muster«, welche die deutsche Gesellschaft immer noch prägten, bleibe aber immer noch meist verstellt.
Vor dem Hintergrund der Diskussionen über den Abschlussbericht des NSU-Untersuchungsausschusses des Bundestags heißt es, Geheimdienste und Strafverfolgungsbehörden seien im Zuge der Aufklärung der Morde der neonazistischen Bande »deutlich in die Kritik einer breiteren Öffentlichkeit geraten. Wenn aber von einem systematischen Versagen die Rede ist, so begrenzt sich diese Aussage meist auf das System der Sicherheitsbehörden und meint nicht die eklatanten Missstände des institutionellen und alltäglichen Rassismus in Deutschland«.
Stattdessen würden sogar nationalistische Diskurse gegen Migranten wieder lauter. Nicht nur Neonazis, auch »aufgebrachte« Bürger würden verstärkt »ihre rassistischen Einstellungen öffentlich, auf der Straße ebenso wie medial« vertreten. Zudem nutzten Parteien wie Pro Deutschland »für ihre rassistische Propaganda die Gunst der Stunde. Heute müssen in Deutschland wieder Flüchtlinge vor rassistischer Mobilisierung fliehen«, so der Appell.
In dem Aufruf, zu dessen Erstunterzeichnern Wissenschaftler wie Siegfried Jäger von der Universität Duisburg/Essen, der Migrationsforscher Klaus J. Bade und der Jenaer Soziologe Stephan Lessenich ebenso gehören wie die Intendantin des Berliner Maxim Gorki Theaters, Shermin Langhoff, die Publizistin Mely Kiyak und Pro-Asyl-Mitgründer Heiko Kauffmann, wird als Konsequenz aus den NSU-Morden die »Veränderung der gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse« gefordert. Dazu gehörten der Stopp von behördlichen Maßnahmen wie des »Racial Profiling« und rassistisch grundierter Kampagnen gegen südosteuropäische »Armutsflüchtlinge«, welche angeblich Kommunen »überforderten«.
»Wir antworten dem alten, neuen Rassismus mit einem kosmopolitischen, den nationalen Albtraum hinter sich lassenden Verständnis von Gesellschaft«, so der Aufruf, »das die freie Mobilität aller und das Recht auf politische und soziale Teilhabe voraussetzt – unabhängig von Papieren und Status.«
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