Kein Glück für Otto-Tochter

Streit um neue Einkaufszentren in Ostwestfalen und Rheinland-Pfalz

  • Birgit Gärtner
  • Lesedauer: 3 Min.
Kleinstadtprofite zu Großstadtpreisen: Warum ein Konsumtempel im ostwestfälischen Minden nicht gebaut wird.

Das Projekt Wesertorgalerie - ein Konsumtempel mit rund 23 000 Quadratmetern Verkaufsfläche - in der ostwestfälischen Stadt Minden kann nicht realisiert werden. Das teilten Bürgermeister Michael Buhre (SPD) und Nikolaus Thätner von der in Hamburg ansässigen ECE Projektmanagement GmbH kürzlich auf einer Pressekonferenz mit. Der Grund: die Grundstückspreise seien zu hoch und unangemessen für den zu erwartenden Profit auf Kleinstadtniveau. Konkret gehört eines der für den Shoppingtempel geplanten Gebäude einer Erbengemeinschaft. Deren Forderung erschien der ECE als völlig unangemessen. »Großstadtpreise« hätte sie zahlen sollen, wo »Kleinstadtmieten« zu erzielen wären.

Groß sollte sie werden, größer, ganz groß, die Wesertorgalerie: Drei Gebäude plus Parkhaus sollten miteinander verbunden, ein stillgelegtes Parkdeck umgebaut werden, und die Schlagde, das Areal direkt an der Weser, Parkplatz und bisheriger Zugang zur Stadt, sollte künftig direkt in die Galerie führen. Damit die einzelnen Gebäude zu einem Komplex »aus einem Guss« zusammengefügt werden können, sollte das denkmalgeschützte Gebäude der ehemaligen Oberweserprivatschiffereivereinigung weichen.

Bürgermeister Buhre sorgte das Abwandern der Kundinnen und Kunden aus der Mindener Innenstadt zu den Einkaufszentren im Umland, und dass sie ihr sauer verdientes Geld so in die Haushalte der umliegenden Kommunen statt ins Mindener Stadtsäckel stecken. Darum sollte die City aufgewertet werden. Die Stadt engagierte die ECE, eine Tochter des Otto-Konzerns, die auf ihrer Homepage das Rundum-sorglos-Paket für Investitionswillige verspricht: »Ein umfassendes, auf die Interessen des Auftraggebers maßgeschneidertes Leistungspaket - von der Kosten- und Terminplanung über die Projektbuchhaltung bis zur verantwortlichen Projektleitung.« Die Kosten für die Entwicklung wollte die ECE auch noch selber tragen, das wurde vertraglich geregelt.

Buhres ambitioniertes Projekt war allerdings nicht unumstritten. Also beschloss die Stadt, ein Planungsverfahren unter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger einzuleiten. Das wurde so vorbildlich durchgeführt, dass die Stadt Minden dafür vom German-Council.of-Shopping-Center, in dem natürlich auch die ECE Mitglied ist, mit dem zweiten Platz ausgezeichnet wurde. Genauer gesagt mit einer Nominierungsurkunde. Die ist nun 56 000 Euro wert - denn soviel investierte die Stadt laut Buhre in das Projekt, das nun wohl niemals fertiggestellt werden wird.

Auch die ECE zeigte sich indes an alternativen Realisierungsmöglichkeiten interessiert. Zudem macht sich der sprichwörtliche ostwestfälische Dickkopf bemerkbar. Bürgermeister Buhre hat das Projekt gestoppt, hofft aber, dass es nur auf Eis gelegt wird. Entweder, indem die Erbengemeinschaft sich erweichen lässt, oder aber an einem anderen Standort, beispielsweise im Rathausquartier. Das war zwar seinerzeit wegen massiver Bürgerproteste ad acta gelegt worden. Aber damit wissen die preisgekrönten Mindener Stadtverantwortlichen umzugehen: den Protest zerreden in einem langwierigen Planungsverfahren unter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger.

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