Produziert Nordkorea wieder Plutonium?

US-Experten entdecken Dampf über Yongbyon

  • Daniel Kestenholz, Bangkok
  • Lesedauer: 2 Min.
Gerade haben sich Nord- und Südkorea auf die Wiederaufnahme der Produktion im gemeinsamen Industriepark Kaesong am kommenden Montag geeinigt, da kommen aus den USA wieder bedrohlich klingende Meldungen über das Reich der Kim-Dynastie: Weißer Dampf steigt über der Atomanlage Yongbyon auf.

Satellitenbilder vom 31. August lassen Experten darauf schließen, dass Nordkorea seinen Fünf-Megawatt-Atomreaktor im Nuklearzentrum Yongbyon wieder hochfährt.. Die Bilder zeigen nach Angaben von Wissenschaftlern des US-Korea-Instituts an der John-Hopkins-Universität Baltimore weißen Dampf, der von einem Gebäude in der Nähe des Reaktors aufsteigt. In dem Gebäude sollen Dampfturbinen und Elektrogeneratoren untergebracht sein. Farbe und Dichte des Dampfes deuteten darauf hin, dass der Reaktor teilweise oder vollständig in Betrieb ist, heißt es auf der Webseite des Instituts. Die Wissenschaftler schlussfolgern daraus, dass Nordkorea die Produktion von Plutonium wieder aufgenommen hat, um seine Atomstreitmacht - wie bereits im April angekündigt - »qualitativ und quantitativ zu stärken«.

Im Jahre 2007 hatte Pjöngjang sich bereit erklärt, den Reaktor in Yongbyon stillzulegen. Im Jahr darauf wurde dort medienwirksam - CNN berichtete live - ein Kühlturm gesprengt. Eine neue Ära der Kooperation zwischen Nordkorea und der Außenwelt schien anzubrechen. Doch bald warfen sich US-Amerikaner und Koreaner gegenseitig wieder Wortbrüche vor. Pjöngjang unternahm weitere Atomtests und macht kein Geheimnis mehr daraus, dass es seine Militärstrategie auf nukleare Abschreckung ausrichtet.

Als sich der Streit im Frühjahr dieses Jahres zuspitzte und in heftige Kriegsrhetorik mündete, drohte Nordkoreas Führer Kim Jong Un, auch den Reaktor zur Produktion von Plutonium wieder hochzufahren. Inzwischen waren jedoch versöhnlichere Töne aus Pjöngjang zu hören, offenbar will man zurück an den Gesprächstisch. Durchaus möglich, dass die Führung des Landes entsprechend alter Taktik durch die Aktivitäten in Yongbyon die Aufmerksamkeit des Auslands auf sich lenken will.

Über den tatsächlichen Stand eines nordkoreanischen Plutoniumprogramms, dessen Existenz keinesfalls bewiesen ist, gehen die Meinungen weit auseinander. Es heißt, dass Nordkorea in ein paar Jahren genügend Plutonium für den Bau von fünf nuklearen Sprengköpfen angereichert haben könnte. Doch ohne Zugang zu den Anlagen bleibt alles Spekulation. Ebenso ist möglich, dass Pjöngjang wieder blufft. Schon während der Krise im Frühjahr wurden Raketenteile durchs Land transportiert und eine Startrampe wurde zum Schein auf- und wieder abgebaut, um Spionagedienste zu verwirren.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.