Grüne drohen Berlin mit Papierkrieg

Gibt es nicht mehr Nachtruhe in Schönefeld, soll der Landesplanungsvertrag gekündigt werden

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

Was ein konsequentes Nachtflugverbot in Schönefeld betrifft, so wollen die Grünen den Druck erhöhen. Sie beantragen im Landtag, dass Brandenburg den Landesplanungsvertrag mit Berlin kündigt, wenn die Hauptstadt nicht bis spätestens zum 15. Dezember ihren Widerstand gegen mehr Nachtruhe aufgibt.

Dabei berufen sich die Grünen auf ein von 106 000 Brandenburgern unterzeichnetes Volksbegehren, dem der Landtag und die Landesregierung zu Jahresbeginn zugestimmt haben. Die Regierung sollte danach mit Berlin und dem Bund über eine Verlängerung der Nachtruhe am künftigen Hauptstadtflughafen in Schönefeld verhandeln.

Dem müssten nun aber auch Taten folgen, findet der von der SPD zu den Grünen gewechselte Landtagsabgeordnete Christoph Schulze. Er verdächtigte gestern die rot-rote Koalition, Wind aus den Segeln genommen und einen Volksentscheid verhindert zu haben. Sollte es sich um ein bewusstes Manöver gehandelt haben, »dann nenne ich das Betrug«, sagte Schulze. Die Grünen wollen im Landtag, wo ihr Anliegen offenbar chancenlos ist, eine namentliche Abstimmung beantragen.

Bemerkenswert dabei: Auf Nachfrage räumten Schulze und Fraktionschef Axel Vogel ein, dass der gemeinsame Landesplanungsvertrag mit Berlin zwar festlegt, dass es einen einzigen Flughafen in der Region geben soll. Zu Flugzeiten oder Flugverbotszeiten enthält er aber keinerlei Aussagen. Da erscheint es sonderbar, mit einer Vertragskündigung zu drohen, selbst wenn Schulze erläutert, man könnte ja eine Ergänzung in den Vertrag hineinschreiben.

Betroffen wäre ein umfassender Vertrag zur Entwicklung der Region. Für Vogel gesteht das Vertragswerk den Berlinern viele Durchgriffsrechte auf brandenburgisches Territorium zu. Berlin wolle selbstverständlich auch weiter ein Wörtchen mitreden bei der Entwicklung im Berliner Umland. Hier ließe sich ansetzen. Brandenburg könnte den Vertrag frühestens zum 31. Dezember 2016 kündigen und wäre dann nach Aussage von Vogel »frei, ohne Rücksicht auf Berlin seine Entwicklung selbst zu gestalten«.

Die Abgeordnete Kornelia Wehlan (LINKE) hält es für falsch, jetzt schon vorsorglich zu drohen, für den Fall, dass keine Einigung mit Berlin erzielt werden kann. Das schwäche nur die Verhandlungsposition Brandenburgs. Es hatte die LINKE einige Mühe gekostet, die märkische SPD davon zu überzeugen, ein erweitertes Nachflugverbot nicht mehr abzulehnen. Die SPD sah sich dann sofort dem Verdacht ausgesetzt, ein falsches Spiel zu treiben, um einen Volksentscheid zu verhindern.

Der damalige Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) erinnerte jedoch daran, dass auch ein erfolgreicher Volksentscheid der Landesregierung lediglich einen Verhandlungsauftrag erteilt hätte. Platzeck sah keine Handhabe für einen Alleingang Brandenburgs, setzte stattdessen auf eine einvernehmliche Lösung. Denn nicht einmal ein Volksentscheid könnte die Rechtslage ändern. Der Flughafengesellschaft sind durch das Bundesverwaltungsgericht Starts und Landungen lediglich in der Zeit von 0 bis 5 Uhr untersagt.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.