Lewandowskis Tore

Politik und Medien zeigen wenig Interesse

  • Julian Bartosz, Wroclaw
  • Lesedauer: 2 Min.

Polens Politiker zeigen wenig Interesse an den Bundestagswahlen 2013. Sie äußern sich kaum, meinen aber, Merkel schafft es. Zwei Wochen vor dem Urnengang im westlichen Nachbarland schenken auch die Medien dem Wahlkampf zwischen den Hauptrivalen CDU/CSU und SPD keine größere Aufmerksamkeit. Die meisten meinungsbildenden Wochenschriften schweigen sich über das Thema ebenfalls aus. In Polen zeigt man sich auf ein passives Beobachten des in der Weltpolitik widerspruchsvollen diplomatischen Treibens um Syrien konzentriert, wie auf die an der heimischen politischen Front sich verschärfenden Konflikte zwischen der schwächelnden Bürgerplattform (PO) und der aggressiven Kaczynski Partei (PiS).

Eine Ausnahme ist der linke »Przeglad«. Er schrieb unter der Schlagzeile »Wie mit Merkel gewinnen?« über die Chancen der Partei »DIE LINKE« und sagte ihr zehn bis zwölf Prozent voraus. Die kulturelle Monatszeitschrift »ODRA« (Wroclaw) brachte eine eingehende Analyse der Politik von Angela Merkel. Schwerpunkt war ihre Europapolitik.

In der vom Polnischen Institut für Internationale Politik herausgegebenen »Vierteljahresschrift für Außenpolitik« meinte Ryszard Farmuszewicz, das wichtigste bei diese Wahl sei, dass Frau Merkel zum dritten Mal gewinne und mit ihrer Sparpolitik die Krise im Euroland in den Griff bekomme. Deutschland sei unter ihrer Regierung die »Säule der Stabilität. Unter diesem Aspekt schaue ganz Europa auf die Bundeswahl. Dies unterstrichen nach dem Fernsehduell Merkel gegen Steinbrück Teilnehmer einer Diskussion im TVN 24. Der von der Robert Schumann-Stiftung herausgegebene «Dziennik» schrieb, Europa warte auf die bestmögliche Information: dass Frau Merkel nach dem 22 September Bundeskanzlerin bleibt.

Jan Kowalksi, der polnische Otto Normalverbraucher

All das scheint den normalen Jan Kowalski, der hiesige Otto Normalverbraucher, überhaupt nicht anzugehen. Für die Polen ist wichtig, dass Deutschland eine viel niedrigere Arbeitslosigkeit als Polen hat und man dort vergleichsweise besser verdienen kann. Wirklich interessiert den «Mann auf der Straße» aber, ob Lewandowski für «Borussia» ein Tor geschossen hat.

Auf dem Feld der Ökonomie findet der erwartete Wahlausgang allerdings große Beachtung. Anlässlich des diesjährigen Wirtschaftsforums in Krynica, das auch polnisches Davos genannt wird, sprachen Teilnehmer hoffnungsvoll über eine weitere wirtschaftliche Stabilisierung und vor allem über die sich erholende Nachfrage in Deutschland. Davon hänge der polnische Export ab. Ein Viertel der polnischen Ausfuhr (Anfang 2013 mit einem Saldo von 630 Millionen Euro) gehe in die BRD. Das seien zwar nur 3 Prozent der gesamten Einfuhr Deutschlands, doch für Polen sei das lebenswichtig. Wie es im vierten Industriestaat der Welt ökonomisch läuft, bestimmt das Auf und Ab in der Wirtschaft zwischen Oder und Bug.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.