Vattenfall will in der Lausitz bleiben

Energiekonzern und Landesregierung unterzeichnen Abkommen

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

»Auf absehbare Zeit bleiben wir hier. Ob das jedem gefällt oder nicht.« Als gestern die rot-rote Landesregierung und die Geschäftsführung des Energiekonzerns Vattenfall ihre »Energiepartnerschaft« bekundeten und schriftlich fixierten, fand der Vorstandsvorsitzende Tuomo Hatakka starke Worte für Kritiker und Zweifler an der Rolle seines Unternehmens in Brandenburg.

Zuvor hatte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) die mit Vattenfall geschlossene Vereinbarung als »starkes Signal Richtung Lausitz« bezeichnet. Wenn Brandenburg seine Klimaziele erfolgreich umsetzen wolle, dann müsse das energiepolitisch bedeutsamste Unternehmen des Bundeslandes dabei eingebunden werden. In dem Abkommen »Energie mit Strategie - Zukunft gemeinsam gestalten« bekenne sich Vattenfall zur Energiestrategie 2030, derzufolge die Verstromung der Braunkohle als Brückentechnologie in Einklang mit den Klimaschutzzielen zu bringen sei.

Der Ausstoß von Kohlendioxid soll bis zum Jahr 2030 derart sinken, dass im Vergleich zum Jahr 1990 nur noch ein Viertel der Menge ausgestoßen wird. Von 2050 an soll in Brandenburg Energie ohne CO2-Belastung angeboten werden. Vattenfall bekenne sich »klar zum Standort Brandenburg«, sagte Woidke zu Gerüchten, der schwedische Staatskonzern wolle sich aus Brandenburg zurückziehen.

Der im Zuge der Energiewende unablässig steigende Strompreis in Deutschland stelle inzwischen ein soziales Problem dar, warnte Woidke. Privathaushalte leiden darunter und für Unternehmen stelle sich angesichts der Preissprünge die Frage, ob die Bundesrepublik noch ein geeigneter Standort für Investitionen sei.

Wer Energie sicher, bezahlbar und flexibel beziehen wolle, der sei heute noch auf die Braunkohle angewiesen, fügte Vattenfall-Boss Hatakka hinzu. Sämtliche Alternativen seien weniger zuverlässig und deutlich teurer. Allein mit der Braunkohle könnten die erheblichen Schwankungen bei der Bereitstellung von Strom aus Windkraft, Solarenergie und anderen regenerativen Energien flexibel ausgeglichen werden.

Zu Energiestrategie der Landesregierung sagte Hatakka: »Wir sind bereit, Verantwortung zu übernehmen.« Er bot Millionen für Forschung und Erneuerung der Anlagen an, um den Kohlendioxidausstoß schrittweise zu senken. Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (LINKE) bestätigte: »Die Braunkohlekraftwerke sind eine zwingende Notwendigkeit.«

Zu Spekulationen über einen Verkauf sagte Hatakka, diese Frage werde jedes Jahr erneut aufgeworfen, »und jedes Jahr machen wir weiter«. Er räumte ein, dass sich der Konzern langfristig auf Schweden und Nordeuropa konzentrieren wolle und man für die kontinentalen Standorte einen Partner suche. Als einen solchen Partner werde sein Unternehmen aber nur denjenigen akzeptieren, »der die Bedeutung der Braunkohle für Deutschland auch anerkennt«. Die gerade in Hamburg getroffene Entscheidung zur Übernahme der Stromnetze »müssen wir erst einmal verdauen«, auch mit Blick auf die Frage, ob in Berlin ebenfalls damit zu rechnen sei.

Das Abscheiden von Kohlendioxid nach dem CCS-Verfahren habe sich im Pilotprojekt als praktikabel herausgestellt. Man hege die Hoffnung, dass CCS doch noch zum Großeinsatz kommen könne, sagte Hatakka. Er gestand ein, dass der CO2-Ausstoß bei der Braunkohleverstromung »sehr hoch« sei. Mit der inzwischen politisch gestoppten Verpressung der Abgase »haben wir ein kleines Problem«. Er richte seine Hoffnung nun auf die Offshorespeicher, das heißt die Verpressung von CO2 unter dem Meeresgrund. Debattiert wird, ob beispielsweise in Norwegen ausgebeutete Gaslager für die Verpressung infrage kommen und dort ein Interesse an einer solchen Nutzung besteht. Weil die USA, China und Indien ungebrochen und sogar verstärkt auf die Kohle setzen, bietet sich aus Sicht von Vattenfall für die CCS-Technologie perspektivisch eine gute Verkaufsaussicht auf dem Weltmarkt.

Vor zwei Jahren hatte sich der damalige Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) klar zur Braunkohle bekannt. Der Brennstoff »funktioniert und ist preiswert«, hatte er gesagt und es als »Irrglaube« bezeichnet, dass in 10 oder 20 Jahren die heute durch Kernenergie oder fossile Brennstoffe gewonnene Menge Strom vollständig durch regenerative Quellen ersetzt sein werde. In absehbarer Zeit könne ein Drittel des Energieverbrauchs mit Hilfe von Wind, Sonne, Biomasse und Erdwärme gedeckt werden. Doch woher sollen die verbleibenden zwei Drittel stammen, fragte der SPD-Politiker.

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