Amnesty und Pro Asyl fordern Kurswechsel in Flüchtlingspolitik

Neue Bundesregierung soll staatliche Diskriminierung beenden und rassistischer Stimmungsmache offensiver entgegentreten / Jelpke: EU-Grenzen öffnen

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin (Agenturen/nd). Die Menschenrechtsorganisationen Amnesty International und Pro Asyl fordern von der künftigen Bundesregierung einen radikalen Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik. Die neue Regierung müsse einer »Stimmungsmache gegen Flüchtlinge offensiv entgegentreten«, indem sie »staatliche Diskriminierung von Asylsuchenden endlich beendet«, erklärten beide Organisationen am Mittwoch in Berlin.

»Die Proteste gegen Gemeinschaftsunterkünfte wie in Berlin-Hellersdorf haben gezeigt, wohin Debatten um angeblichen Asylmissbrauch und Stimmungsmache auf dem Rücken von Schutzbedürftigen führen«, sagt Günter Burkhardt, Geschäftsführer von Pro Asyl. »Die zwangsweise Unterbringung in Massenunterkünften, das Arbeitsverbot und die Residenzpflicht stigmatisieren die Betroffenen und leisten rassistischen Vorurteilen Vorschub.«

»Flüchtlinge, die hier Schutz suchen, dürfen nicht Angst und Schrecken finden«, forderte auch Franziska Vilmar, Asylexpertin von Amnesty. Die staatliche Diskriminierung von Asylsuchenden müsse endlich beendet werden, forderten beide Organisatiionen. »Die zwangsweise Unterbringung in Massenunterkünften, das Arbeitsverbot und die Residenzpflicht stigmatisieren die Betroffenen und leisten rassistischen Vorurteilen Vorschub«, so Burkhardt.

»Das Asylbewerberleistungsgesetz mit dem diskriminierenden Sachleistungsprinzip muss endlich abgeschafft werden«, sagte Vilmar. Nach vielen verlorenen Jahren der Abschottungspolitik müsse sich Deutschland endlich für mehr Solidarität in der EU-Flüchtlingspolitik einsetzen. »Die Bundesregierung darf nicht zusehen, wie weiter Flüchtlinge an den europäischen Außengrenzen sterben und Asylsuchenden ein faires Verfahren verweigert wird.«.

Angesichts der vielen Krisenherde in Syrien, Afghanistan oder Irak verlangen Amnesty und Pro Asyl auch eine europäische Initiative. Nach vielen »verlorenen Jahren der Abschottungspolitik« müsse sich Deutschland auch »endlich für mehr Solidarität in der EU-Flüchtlingspolitik einsetzen«, heißt es in ihrer Erklärung. Die Bundesregierung dürfe nicht zusehen, »wie weiter Flüchtlinge an den EU-Außengrenzen sterben«, sagte Vilmar.

Dass Bundesregierung und Bundesländer Flüchtlinge aus Syrien aufnehmen, begrüßten die Organisationen. Allerdings dürften die Kosten für die Aufnahme von Verwandten nicht alleine den in Deutschland lebenden Syrern aufgebürdet werden. »Sonst wird kaum jemand kommen können«, sagte Vilmar. Syrern, deren Verwandte bereits in Deutschland leben, solle erlaubt werden, hier ihr Asylverfahren zu durchlaufen. »Es ist nicht einzusehen, dass ein syrischer Flüchtling, dessen Schwester in Deutschland lebt, sein Asylverfahren in Bulgarien oder Griechenland durchlaufen muss«, erklärte Burkhardt.

Derweil hat auch die Linkenpolitikerin Ulla Jelpke eine deutlich schnellere und vereinfachte Aufnahme syrischer Flüchtlinge gefordert. Darüber hinaus müsse die EU ihre Grenzen für Flüchtlinge öffnen. Die militärische Abschottung der EU-Außengrenzen zwingt Flüchtlinge auf immer gefährlichere Routen und fordert immer mehr Todesopfer, verlangte Jelpke in einer Erklärung.

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