Checken, Pressen, Foulen

Herausforderer Brian Cookson gewinnt die Präsidentenwahl im Weltradsportverband

  • Tom Mustroph und Barbara Gstaltmayr, Florenz
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Kongress des Radweltverbands UCI in Florenz bot Funktionärs-Infight in Reinkultur. Am Ende wurde Brian Cookson zum Vorsitzenden gewählt.

Der Reformkandidat hat sich tatsächlich durchgesetzt. »Das ist eine große Ehre für mich, dem Radsport in den nächsten vier Jahren einen neuen Standard im Management zu verleihen«, sagte Brian Cookson nach seiner Wahl zum neuen Vorsitzenden des Weltradsportverbands UCI. »Mein erstes Augenmerk wird auf dem Antidopingkampf liegen. Ich möchte Vertrauen in den Radsport wiederherstellen und Sponsoren und TV-Stationen zum Engagement ermuntern.«

Bevor der Beifall für Cookson im »Saal der 500« des Palazzo Vecchio in Florenz jedoch aufbranden konnte, bot die UCI auf ihrem Kongress fünf Stunden lang ein Bild der verbissenen Kämpfe. Bereits in der Berichterstattung der Ethikkommission spiegelte sich die Konfrontation zwischen dem Lager des scheidenden Präsidenten Pat McQuaid und dem seines Herausforderers wider. Kommissionspräsident Pieter Zevenbergen diskutierte ausführlich einen erst am Vortag der Wahl geäußerten Vorwurf von griechischen Radsportfunktionären, ihnen seien für die Unterstützung Cooksons 25 000 Euro und ein Sponsoring der Griechenland-Rundfahrt durch den russischen Öl- und Gasmagnaten Igor Makarow angeboten worden.

Zevenbergen gab zwar zu, die Gegenseite nicht angehört zu haben, schloss den Vorwurf aber trotzdem in seinen Bericht mit ein. Auf das seit Wochen in Auszügen bekannte Dossier, in dem Makarow, der russische Radsportpräsident und Financier des Katjusha-Rennstalls, schwere Korruptionsvorwürfe gegenüber McQuaid erhebt, ging die Ethikkommission hingegen nicht ein.

Die nächste Runde wurde mit Änderungsanträgen zur UCI-Satzung ausgetragen. Hier versuchten die Verbände aus Barbados und der Türkei, rückwirkend eine Nominierung McQuaids zu ermöglichen. Bislang mussten Präsidentschaftskandidaten von ihrem Heimatverband aufgestellt werden. Dem in der Schweiz wohnenden Iren war jedoch sowohl vom irischen als auch vom Schweizer Verband die Nominierung versagt worden.

»Das gibt es nirgendwo, weder in der Politik noch in der Wirtschaft, dass am Wahltag die Bedingungen der Wahl modifiziert werden«, empörte sich ein Vertreter des neuseeländischen Verbandes. Auf seine Initiative hin wurde darüber abgestimmt, ob über die Änderungsanträge erst später abgestimmt werden sollte. Das Ergebnis der Wahl lautete 21:21. Das Patt verschob die Entscheidung über die Änderungsanträge ins kommende Jahr.

Die eigentliche Präsidentenwahl ließ weiter auf sich warten. Nun ging der Kampf juristisch weiter. UCI-Vizepräsident Artur Lopes (Portugal) wies darauf hin, dass McQuaid ursprünglich von gleich vier Verbänden nominiert worden war. Drei davon - die Verbände Marokkos und Thailands, wo McQuaid Mitglied ist, sowie der Schweiz, die ihren Rückzug erst nach Meldeschluss vollzogen hatte - wurden nach Vorträgen von Rechtsexperten als gültig eingestuft.

Ein Vorschlag von Lopes, angesichts der Irritationen über die multiplen Nominierungen eine Abstimmung zu McQuaids Wählbarkeit vorzunehmen, fand kein Gehör. Stattdessen sagte Herausforderer Cookson: »Es reicht, gehen wir zur Wahl!«

Die entschied Cookson mit 24 Stimmen zu 18 für sich. Er kehrte damit die historischen Verhältnisse im »Saal der 500« um. Der war zunächst auf Initiative des revolutionären Bettelmönchs Savonarola entstanden und dann von Cosimo I., einem Regenten aus der Medici-Familie, mit Prachtdarstellungen seiner Karriere ausgebaut worden. Ob Cookson ein Savonarola ist oder doch ein weiterer Machthaber in Medici- und McQuaid-Tradition, müssen die nächsten vier Jahre zeigen. Der Start seiner Regentschaft war jedenfalls holprig.

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