Feier und Protest
Im Gespräch mit dem brasilianischen Schriftsteller Luiz Ruffato
Luiz Ruffato hat am Dienstag die Eröffnungsrede zur Frankfurter Buchmesse gehalten, die diesmal dem Länderschwerpunkt Brasilien gilt. 1961 als Sohn eines Popcornverkäufers und einer Waschfrau geboren, gilt Ruffato heute als einer der wichtigsten Schriftsteller seines Landes. Im Verlag Assoziation A erschienen von ihm die Romane »Es waren so viele Pferde« und »Mama, es geht mir gut«. Dort gab er jetzt auch »Der schwarze Sohn Gottes. 16 Fußballgeschichten aus Brasilien« heraus. Für »nd« sprach mit ihm Michael Kegler, der auch sein Übersetzer ist.
nd: Dein erster Roman erschien in Brasilien kurz bevor Lula, ein Arbeiter, Präsident wurde. Empfindest du dich als »Stimme eines neuen Brasilien«?
Ruffato: Diesen Anspruch habe ich nicht. Ich mache in erster Linie Literatur. Und meine Literatur hat eine Verpflichtung. Ich versuche, in »Es waren viele Pferde« und insbesondere in »Vorläufige Hölle«, dessen erster Band »Mama, es geht mir gut« soeben auf Deutsch erschienen ist, nachzudenken über einige Dinge, die wichtig sind für das Verständnis meines Landes heute: Landflucht, Industrialisierung, die Verelendung der Städte an den Rändern, Gewalt, der Zerfall der Familie und so weiter.
Dein Leben beweist, dass man aufsteigen kann, auch wenn man aus einer armen Familie stammt. Das ist großartig und könnte exemplarisch für viele sein.
Das ist es aber nicht. Mein Lebensweg ist eine große Ausnahme. Und die Welt, über die ich schreibe, die städtische untere Mittelschicht, kommt in ...
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