Bescheidene Zeiten des Stillstands

Alles sondiert, keiner regiert. Doch man muss es mal pragmatisch betrachten

  • Roberto J. De Lapuente
  • Lesedauer: ca. 2.5 Min.

Alles sondiert, keiner regiert. Viele sorgen sich deshalb. Doch man muss es mal pragmatisch betrachten: Vielleicht bringt uns dieser Stillstand tatsächlich nicht voran – aber er wirft uns auch nicht zurück.

Ich hatte neulich ein Gespräch mit einem Merkel-Wähler. Die Sondierungsgespräche findet er natürlich richtig oder vielmehr: ganz normal. Dass die sich aber hinziehen und man damit die Entscheidungsfähigkeit verschleppe, stört ihn gewaltig. Er sprach von Lähmung und Gefahren für die allgemeine Wettbewerbsfähigkeit. Letzteres entnahm er wohl aus dem Fundus irgendeiner politischen Talkshow.

Die Aussicht, bis Mitte Januar in einem Land ohne Regierungsmehrheit zu leben, nimmt wohl mancher als gefährliche Situation wahr, als Anzeichen von Unregierbarkeit und Vorbote der Anarchie. Notwendige Reformen würden verschoben oder – noch schlimmer! - im Klein-Klein der Sondierung zerhäckselt.

Ich sagte meinem verängstigten Mitmenschen, dass man diesen Stillstand durchaus als Fortschritt betrachten könne. Solange die politischen Funktionseliten des Kapitals mit sich selbst beschäftigt seien, beschäftigen sie uns nicht mit neuen Schrecke...


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