Gysi mahnt Linksfraktion: größere Verantwortung

Emnid-Chef Schöppner: Linke wird auf Kosten der SPD stärker / Jeder fünfte Linken-Anhänger sieht Große Koalition positiv

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Berlin. Der Chef des Umfrageinstituts Emnid, Klaus-Peter Schöppner, ist sich sicher, dass eine Große Koalition die oppositionelle Linkspartei auf Kosten der SPD massiv stärken wird. »Wir sehen bereits jetzt in unseren Umfragen, dass die Linkspartei zulegt«, sagte Schöppner der »Neuen Osnabrücker Zeitung«. Da die SPD in der Bundesregierung zur Mitte hin tendieren würde, bestehe die Chance für die Linkspartei, sich zu profilieren.

Bei der jüngsten Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen hat die Linkspartei zum zweiten Mal hintereinander 10 Prozent erreicht. Auf diesen Wert kam die Partei bei dem Institut zuvor im Herbst 2010. Wenn am nächsten Sonntag schon wieder gewählt würde, kämen CDU/CSU auf 42 Prozent, die SPD steht weiterhin bei 26 Prozent, die Grünen würden 8 Prozent und die Alternative für Deutschland 5 Prozent erreichen.

Ein Großteil der Befragten befürwortet zudem laut der Umfrage eine Große Koalition. Allerdings finden nur noch 48 Prozent, dies sei ihr bevorzugtes Regierungsbündnis. Vor drei Wochen waren es noch 58 Prozent. Allerdings ist der Glaube weit verbreitet, dass eine Regierung aus Union und Sozialdemokraten die Probleme des Landes am ehesten lösen könne. Dies sehen vor allem Anhänger von CDU/CSU (76 Prozent) und SPD (67 Prozent) sowie die Wähler der eurokritischen AfD (64 Prozent) so. Bei den Anhängern der Grünen sind es 44 Prozent, die diese Auffassung teilen, bei den Anhängern der Linkspartei immerhin noch 21 Prozent.

Derweil hat Linksfraktionschef Gregor Gysi seine Partei ermahnt, die nun wahrscheinliche Rolle als Oppositionsführerin im Bundestag »bedeutet auch größere Verantwortung, der man erst einmal gerecht werden muss. Wir müssen jetzt immer Alternativen anbieten, die auch nachvollziehbar sind«, sagte Gysi dem Nachrichtensender ntv. »Zu einem Thema gar nichts zu sagen, geht, wenn man die dritte Oppositionskraft ist. Aber es geht nicht, wenn man die erste ist. Da werden auch andere Abgeordnete meiner Fraktion geforderter sein als gegenwärtig.«

Eine Bundesregierung könne »man nur als Ganzes angreifen. Aber bei der SPD ist unsere Leidenschaft immer größer«, so der Linkenpolitiker weiter. Seine Partei müsse »darauf achten, dass wir die Angriffe richtig verteilen.« Zur Kooperation mit den ebenfalls oppositionellen Grünen sagte Gysi, man werde »auf jeden Fall Gespräche führen«.

Gysi kritisierte zudem, dass Union und SPD die erste Sitzungswoche im November abgesagt hätten. »Der Bundestag hat zu arbeiten«, so der Linkenpolitiker, der darauf verwies, dass das Parlament »doch zum Beispiel das Betreuungsgeld abschaffen« könne. Der Bundestag, so Gysi sei »doch kein Anhängsel der Bundesregierung«. Ihn ärgere auch, dass die Medien dies »gar nicht aufgegriffen« hätten. Er verwies erneut auf die existierende Mandatsmehrheit von SPD, Grünen und Linkspartei. nd

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