Stadtwerk unter Sonstiges

Koalition setzt ihre Energiepläne in den Ausschüssen mit einem Trick durch

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.
Rot-Schwarz machte im Hauptauschuss des Abgeordnetenhauses den Weg für ein Stadtwerk frei. Die Opposition fühlt sich betrogen, denn das Thema stand eigentlich nicht auf der Tagesordnung.

Für Empörung sorgte gestern Nachmittag das Vorgehen der rot-schwarzen Koalition im Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses. Noch zu Beginn der Sitzung am Vormittag hatten sich Union und SPD mit der Opposition darauf verständigt, den Antrag zur Gründung eines Stadtwerks nicht mit in die Tagesordnung aufzunehmen. Wäre der Ausschuss bei dieser Entscheidung geblieben, hätte dies das Aus für die am heutigen Donnerstag im Abgeordnetenhaus angesetzte Abstimmung über das Stadtwerk bedeutet. Doch kurz vor Sitzungsende änderte Rot-Schwarz offensichtlich seine Meinung.

Dank der Koalitionsmehrheit stellten SPD und CDU die Abstimmung zum Stadtwerk unter dem Tagesordnungspunkt Sonstiges dann doch noch zur Abstimmung, wo es dank ihrer Mehrheit durchgewinkt wurde. Die Opposition fühlt sich nun übergangen. »Rot-Schwarz hat uns bis kurz vor Schluss in dem Glauben gelassen, dass das Stadtwerk heute nicht mehr zur Abstimmung steht«, sagt Ausschussmitglied Steffen Zillich (LINKE). Genauso wie die Fraktionen der Grünen und der Piraten hält die LINKE das Vorgehen der Koalition für nicht korrekt. »Das Verhalten ist doch symptomatisch dafür, wie der Senat mit der Bevölkerung umgeht«, so Grünen-Energieexperte Michael Schäfer. Für Fabio Reinhardt (Piraten) zeugt es von »keinem guten parlamentarischen Stil«, was Rot-Schwarz am Mittwoch im Hauptausschuss abgeliefert hat.

Die Opposition will nun prüfen, ob sie gegen das Verhalten der Koalitionsfraktion vorgeht und sowohl das Präsidium als auch den Ältestenrat in der Angelegenheit einschaltet.

Warum Rot-Schwarz das Stadtwerk zunächst nicht im Hauptausschuss behandeln wollte, ist unklar. Sicher ist nur, dass sich SPD und CDU nicht in allen Punkten einig sind, wie fast zur gleichen Zeit im Ausschuss für Stadtentwicklung noch einmal deutlich wurde. So erklärte die SPD, dass sie ein »Vielfaches« der bisher veranschlagten 1,5 Millionen Euro zur Finanzierung des Stadtwerkes anstrebt. Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD hatte zuletzt eine Summe von vier bis sechs Millionen Euro genannt. Zumindest im Ausschuss schien der Koalitionspartner diesen Wunsch zu überhören.

Dafür sorgte Rot-Schwarz für eine andere Überraschung. Statt wie bisher geplant, soll das Stadtwerk nun doch nicht unter dem Dach der Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR) firmieren, sondern dem einer Tochtergesellschaft der Berliner Wasserbetriebe (BWB). Staatssekretär Christian Gaebler (SPD) begründete diese Entscheidung mit dem Ergebnis aus den Gesprächen mit Vertretern der BSR. Diese hatten bereits vor Monaten erklärt, kein großes Interesse an den zusätzlichen Aufgaben durch ein Stadtwerk zu besitzen

Einen »grundsätzlichen Strategiewechsel« der Koalition nannte daraufhin Wolfram Prieß (Piraten) diesen Sinneswandel und beantragte, eine Vertagung des Beschlusses, damit sich die Fraktionen eine Meinung bilden können. Während sich Grüne und LINKE dem Vorschlag der Piraten anschlossen, entgegnete Daniel Buchholz (SPD), die Opposition habe nun Gelegenheit, Farbe zu bekennen, da sich der Senatsvorschlag für das Stadtwerk sehr an den Interessen der Bevölkerung und des Energietisches orientiere.

LINKEN-Energieexperte Harald Wolf nannte das Vorgehen des Senates eine Farce. »Sie präsentieren uns eine Tischvorlage, ohne dass im Ausschuss darüber diskutiert werden kann.« Doch da hatte sich die Koalition längst entschieden. Deshalb folgt heute die Abstimmung im Abgeordnethaus und am 3. November der Volksentscheid des Energietischs.

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