Die spannenden Fragen bleiben offen
Der Flughafenaufsichtsrat will nichts mehr übereilen - und tagte gestern lange
Vor dem Verwaltungsgebäude der Flughafengesellschaft in Tegel, wo der Aufsichtsrat tagte, fanden sich gestern ein paar Demonstranten ein. Auf einem Transparent verglichen sie den Regierenden Bürgermeister mit dem Limburger Bischoff. Das war immerhin originell, ansonsten sickerte wenig Interessantes aus der Sitzung, die bei Redaktionsschluss noch andauerte, nach draußen.
Das war auch nicht erwartet worden, nachdem die spannenden Termin- und Personalfragen schon im Vorfeld vertagt wurden. Im Aufsichtsrat berichtete Flughafenchef Hartmut Mehdorn über den Stand der Bauarbeiten und welche Schritte er als nächstes angeht. Auf der Baustelle sind jetzt die Weichen dafür gestellt, dass die Entrauchung und Frischluftzufuhr für den Brandfall umgebaut und die Sprinkleranlage in drei Teile zerlegt wird, um sie beherrschbar zu machen.
Bis zum Sommer hatte Mehdorn noch verkündet, dass er im Oktober den neuen Zeitplan für die Eröffnung des Hauptstadtflughafens BER bekanntgeben werde, doch dieses Versprechen konnte er nicht einhalten. Sein kommissarischer Aufsichtsratschef, der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), äußerte dafür im Vorfeld der Sitzung Verständnis. Es gebe keinen »absoluten Zeitdruck in Richtung eines konkreten Termins«, erklärte er gegenüber der »Berliner Zeitung«. Wichtig sei, dass die Arbeiten weiter gehen und Fortschritte erkennbar seien. Eine definitive Terminverkündung sei mit hohen Risiken verbunden, so seine Erfahrung.
Ursprünglich wollte sich Wowereit in dieser Sitzung wieder zum Chef des Aufsichtsgremiums wählen lassen. Der Posten ist seit August unbesetzt, nachdem Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) nach einem Schlaganfall den Posten abgegeben hatte. Doch der Punkt wurde mit Rücksicht auf die Koalitionsverhandlungen im Bund von der Tagesordnung genommen. Bevor nicht klar ist, wer neuer Bundesverkehrsminister wird und wen dieser in den Aufsichtsrat schickt, soll kein neuer Vorsitzender gewählt werden.
Auch eine Entscheidung im Dauerstreit mit seinem Technik-Geschäftsführer Horst Amann zeichnet sich nicht ab. Der Aufsichtsrat hatte die beiden Manager erst vor vier Wochen öffentlich aufgefordert, sich zusammenzuraufen.
Weil sich die Eröffnung des BER weiter verzögert, müssen die Anwohner von Tegel noch mehr leiden. Wie jetzt bekannt wurde, soll das Landen in Tegel ab 1. Januar 2014 deutlich billiger werden. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung habe neue Tarife genehmigt, die das Anfliegen von Tegel gegenüber Schönefeld noch attraktiver mache, wie Reinickendorfs Umweltstadtrat Martin Lambert (CDU) kritisiert. »Das ist ein Schlag ins Gesicht der von Lärm bereits über Gebühr geplagten Anwohner«, so Lambert.
Nach der neuen Regelung sollen leisere Flugzeuge geringere Lärmzuschläge zahlen, lautere mehr. Etwa 90 Prozent aller Flüge in Tegel fallen laut Lambert aber bereits unter erstere Kategorie, würden also billiger. Nachtflüge, die zwischen 22 und 6 Uhr aufsetzen, sollen dagegen zum Teil deutlich teurer werden, was Lambert begrüßt. Allerdings würden die nächtlichen Postflüge nicht unter diese Regelungen fallen, zudem würden die höheren Gebühren nachts durch die Senkung am Tage kompensiert.
In den ersten neun Monaten dieses Jahres gab es in Tegel 2700 mehr Flugbewegungen als im gleichen Vorjahreszeitraum. Neue Flugverbindungen nach Tegel sollen auch 2014 gefördert werden, »ein unglaublicher Affront«, so Lambert.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.