Mit Ketchup gegen die Bundeswehr
Insgesamt 921 Sachbeschädigungen gegen militärische Infrastruktur in zwölf Jahren
Als im Juli in einer Kaserne in Sachsen-Anhalt 16 Bundeswehrfahrzeuge angezündet wurden, erinnerten die Medien gerne an den letzten größeren Anschlag auf Militärfahrzeuge: Im April 2009 brannten in Dresden 42 Autos, Busse und Lkw sowie ein Hangar. Das Jahr der letzten Bundestagswahl war ein Rekordjahr, was Sachbeschädigungen zum Schaden der Bundeswehr angeht: 288 Vorfälle listet die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der LINKEN-Bundestagsfraktion auf. 32 davon waren Brandstiftungen. Darüber hinaus verzeichnet die Bundesregierung einen Sprengstoffanschlag. In allen anderen Jahren des abgefragten Zeitraumes von 2001 bis 2013 blieb die Militärinfrastruktur der Liste zufolge vergleichsweise verschont. 25 bis 70 Sachbeschädigungen gab es pro Jahr, nur 2003 bricht mit 116 Vorfällen nach oben aus. Insgesamt werden 921 Fälle aufgelistet.
Welcher Art die Beschädigungen waren, ist nur teilweise nachvollziehbar: Kriminaltaktische Anfragen zu politisch motivierter Kriminalität werden »grundsätzlich nur für einen Zeitraum von drei Jahren zentral im Bundeskriminalamt vorgehalten«, heißt es in der Antwort der Bundesregierung auf die von der Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke eingebrachte Kleine Anfrage. Auch für diese Zeitspanne sind die Angaben nicht ganz vollständig: Etwa 40 Prozent der Vorfälle sind offensichtlich so unwichtig, dass es »kein Meldeaufkommen« gibt. Für relevant wird dagegen die Auflistung von »Farbschmierereien« gehalten und solchen mit »Ketchupbeuteln«. Auch das »Anbringen von Flugblättern« an Bundeswehrfahrzeuge findet Erwähnung. Brandanschläge gab es von 2010 bis 2013 lediglich 14.
Eine Einschätzung zur politischen Motivation speichert das BKA offensichtlich länger als nur für die vergangenen drei Jahre. Demnach war ein Großteil der aufgeführten Fälle linkspolitisch motiviert. Die Einschätzung nehmen weder Bundesregierung noch BKA vor, sondern die Landeskriminalämter. In ihrer Antwort erklärt die Bundesregierung, eine Überprüfung dieser Einstufung sei wegen Personal- und Ressourcenmangels »nicht leistbar«.
Eine Überprüfung sei aber angebracht, findet Jelpke. Im Falle des Brandanschlags vom Juli beispielsweise sei die Spur, die zunächst ins Protestcamp von Kriegsgegnern »War starts here« geführt habe, ins Leere gelaufen. Ein im Camp sichergestelltes Auto wurde bereits wieder freigegeben, was darauf hindeutet, dass die Spurensicherung keinen Hinweis auf eine Tatbeteiligung ergeben hat. Genauer wollte sich ein Sprecher des Landeskriminalamtes Sachsen-Anhalt zum Stand der Ermittlungen gegenüber »nd« nicht äußern. Laut Bundesregierung bleibt das LKA jedoch bei seiner Einschätzung »der linksextremistischen Motivation«.
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