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Kohlenanzünder in Ziegenhals

Angeblich sollte an der Ernst-Thälmann-Gedenkstätte ein Brandanschlag auf den Abrissbagger verübt werden

  • Peter Kirschey
  • Lesedauer: 3 Min.
Das Amtsgericht Königs Wusterhausen verhandelt gegen drei Männer, die sich zu einem Brandanschlag auf den Abrissbagger an der Ernst-Thälmann-Gedenkstätte Ziegenhals verabredet haben sollen.

Dreieinhalb Jahre ist es her, da soll sich nachts an einer einsamen Landstraße bei Niederlehme Dramatisches abgespielt haben. Die Medien erfuhren von der Polizei, ein Brandanschlag auf einen Bagger habe in letzter Minute verhindert werden können - einen Bagger, der beim skandalösen Abriss der Ernst-Thälmann-Gedenkstätte Ziegenhals eingesetzt war. Die Täter: linksextremistische »FDJ-Aktivisten«, kommunistische Gewalttäter, die mit dem Attentat ein flammendes Signal gegen den Abriss der Gedenkstätte aussenden wollten. Zwei Versuche, den Prozess gegen die drei mutmaßlichen Brandstifter zu inszenieren, schlugen jedoch fehl.

Im ersten Anlauf erklärte sich die Richterin für befangen, weil sie selbst Verständnis für die Proteste gegen den Abriss der Gedenkstätte andeutete. In der zweiten Runde wollte die nun eingesetzte Richterin nicht so richtig ran und entschied, die Sache dem Landgericht Potsdam zu übergeben. Doch das erklärte sich für nicht zuständig. So landete der Fall wieder bei Richterin Nummer zwei. Und die gab sich ordentlich Mühe, die Sache endlich zu einem Abschluss zu bringen.

Zwei Anträge der Verteidigung, das Verfahren einzustellen, ließ die Richterin nicht gelten. Gründe für eine Einstellung hätte es viele gegeben: Da waren die Vorverurteilung durch polizeiliche Mitteilungen und Horrorberichte in Zeitungen, da waren stundenlange Haft, Hausdurchsuchung ohne Durchsuchungsbeschluss und ungenügende Akteneinsicht der Verteidiger. Der Prozess schleppte sich hin. Die drei Angeklagten wollten sich nicht äußern, wiesen aber im Vorfeld die Anschuldigungen zurück.

Nun waren die Zeugen dran. Zuerst sagten jene Polizisten aus, die in der Nacht des 5. Mai 2010 Streife fuhren. Gegen 0.30 Uhr sahen sie, so ihre Schilderungen, in der Nähe der Gedenkstätte ein verdächtiges Fahrzeug stehen. An dem Nummernschild, dass erkannten die Beamten messerscharf, war mit Klebeband manipuliert worden. Die drei Fahrzeuginsassen waren der Polizei als Personen bekannt, die sich für den Erhalt der Gedenkstätte engagiert haben. Als die Beamten mit der Inspektion des Pkw fast schon durch waren, die Personalien geprüft hatten, registrierten sie in einigen Metern Entfernung eine Plastetüte. Der Inhalt: sechs Ein-Liter-Flaschen Brennspiritus, zwei Pakete Kohlenanzünder, eine Rolle Toilettenpapier und ein Gefäß mit einer Schnur. Wem gehörte dieses Arrangement? Panik erfasste die Gesetzeshüter. Würden sie in nächster Sekunde in die Luft gejagt werden? Verstärkung rückte an, die drei verkappten Selbstmordattentäter landeten in Untersuchungshaft. Am nächsten Tag schickte man sie wieder nach Hause. Es war ja nichts passiert.

Es sollen im Fahrzeug Arbeitshandschuhe mit Anhaftungen von Kohlenanzündern gefunden worden sein sowie Klebeband, das jenem Klebeband geähnelt haben soll, welches beim Abkleben der Nummernschilder verwendet wurde. Dummer Zufall oder Beleg für die Absicht einer Feuerteufelei? Doch vor Gericht genügt es eigentlich nicht, eins und eins zusammenzählen. Es entscheiden ausschließlich Fakten. Für die Staatsanwaltschaft war trotzdem klar, die Tüte gehört zu den drei Aktivisten, die am Abrissbagger zündeln wollten. Doch warum? Dazu hat die Anklage nichts im Ärmel. Kein Motiv also. Die Polizisten erinnerten sich an das abgeklebte Nummernschild, an die Plastetüte. Ansonsten waren ihnen die Geschehnisse von damals nicht mehr präsent. Verständlich nach so langer Zeit. Da vor Gericht die mündliche Aussage zählt, konnten die Beamten wenig zur Aufklärung beitragen, obwohl sie die Auslöser des Verfahrens waren.

In der kommenden Woche wird weiterverhandelt. Dann sollen Fachleute erklären, ob der Inhalt der Plastetüte überhaupt als Molotowcocktail durchgehen kann, ob die Panik der Polizisten angebracht war. Und dann müsste noch bewiesen werden, dass tatsächlich ein Brandanschlag verabredet war. Ein Anschlag, der nie stattgefunden hat.

Ob die Tüte einem der Aktivisten gehörte und was die Drei zu mitternächtlichen Stunde in Ziegenhals vorhatten, werden wir wohl niemals erfahren. Nur eines ist nach der ersten Beweisaufnahme deutlich: Was da abgelaufen ist, war dümmer als die Polizei erlaubt.

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