Niedrigere Gebühren im Kommunalbetrieb

In Fürstenwalde kostet die Abwasserentsorgung weniger / Privatisierung ist oft teurer

  • Ina Beyer, Fürstenwalde
  • Lesedauer: ca. 3.5 Min.

Viele Kommunen setzen wegen klammer Kassen auf Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen. Für die Bürger heißt dies oft höhere Gebühren.

Die Einwohner von Fürstenwalde (Landkreis Oder-Spree) zahlen seit Anfang des Jahres weniger für Wasser und Abwasser: Um 17 Cent pro Kubikmeter hat der Abwasserzweckverband Fürstenwalde und Umgebung die Gebühren gesenkt. Eine positive Entwicklung für Verbraucher, sind doch steigende Kosten eher der Regelfall. Bereits im Jahr 2003 waren die Gebühren zurückgegangen. Insgesamt bedeutet das eine Entlastung von 8 Prozent bei der zentralen Entsorgung und von 10,3 Prozent bei der mobilen Entsorgung innerhalb von drei Jahren.
Möglich wurden die Gebührensenkungen unter anderem durch Umstrukturierungen: Im September 2004 trennte sich der kommunale Zweckverband vom privaten »Betriebsführer« Spreewasser und führt seither seine Geschäfte in Eigenregie. Dadurch wurde das Unternehmen verschlankt, zusätzliche Personalkosten fielen weg. »Wir konnten Kosten optimieren und fällige satzungsgerechte Entscheidungen schneller treffen«, erklärt Gisela Scheibe, kaufmännische Geschäftsführerin. Was als Plus unter dem Strich steht, könne nun an die Verbraucher weitergegeben werden. Für die nächsten fünf Jahre sollen die Gebühren stabil gehalten werden. Kleinere Steigerungen seien angesichts steigender Stromkosten und der Erhöhung der Mehrwertsteuer allerdings nicht auszuschließen.

Abwasseranschluss als Zwang
Voraussetzung für günstige Tarife ist nach Ansicht des Zweckverbandes, dass die finanziellen Lasten der Abwasserbeseitigung auf möglichst viele Schultern verteilt werden. Daher sei es wichtig, den Anschluss- und Benutzungszwang durchzusetzen. In der Vergangenheit gab es mehrfach gerichtliche Auseinandersetzungen.
Für die Verbraucher ist nicht nur der geschonte Geldbeutel ein Gewinn. Durch den Eigenbetrieb entstünden ihnen kürzere Wege, ergänzt Scheibe, die sich mit Marlies Görsdorf die Geschäftsführung des Zweckverbandes teilt. Unter der Führung von Spreewasser hätten sich die Verbraucher an eine externe Verwaltung wenden müssen, die mit der Klärung von Fehlabrechnungen und Ähnlichem beauftragt war. Mit gleich mehreren Adressen auf den Briefbögen »waren auch die Unternehmensstrukturen undurchsichtig«.
Als Alternative zur Rekommunalisierung wäre 2004 der Verkauf an einen privaten Betreiber in Frage gekommen. Der Zweckverband holte sich deshalb unabhängige Beratung beim in Sachsen ansässigen Abwasserinstitut Halbach. Kommunale Zweckverbände machen etwa 90 Prozent der Kunden des Instituts aus, in dem Ingenieure, Wirtschaftswissenschaftler und Chemiker zusammenarbeiten. Fälle wie Fürstenwalde seien selten, sagt Leiter Uwe Halbach. Viel Mut und Aufrichtigkeit gehöre dazu, sich einzugestehen, dass eine einmal getroffene Entscheidung »vielleicht doch nicht die richtige war«. Auch die Stadt Potsdam habe sich 2001 für die Rekommunalisierung der privaten Wasser- und Abwasserentsorgung entschieden.
Was hindert andere Kommunen am Betrieb in Eigenregie, wenn es in Fürstenwalde anscheinend so gut läuft? Vielerorts werde die Privatisierung mit Kostenentlastung begründet, erklärt Uwe Halbach. Vom Verkauf erwarte man sich eine kräftige Finanzspritze für die oft leeren Kassen. Angenommen werde auch, dass der private Betreiber kompetenter, effizienter und kostengünstiger als die eigene Verwaltung sei. Dies sei in vielen Fällen aber ein Trugschluss, meint der Volkswirt. Die Bürger müssten dem privaten Betreiber auch die Kosten für aufgenommene Kredite über hohe Gebühren erstatten. Zudem sei schwer nachprüfbar, ob steigende Gebühren aus Instandhaltungsgründen gerechtfertigt seien oder ob es sich dabei lediglich um Profitinteresse handele. Dagegen sei ein kommunaler Zweckverband den Bürgern gegenüber rechenschaftspflichtig. Kommunales Eigentum sei im Sinne des Gemeinwesens. In Bezug auf die Wasserver- und -entsorgung bedeutet dies: »Die Verbraucher sollen nur so viel für eine Leistung zahlen, wie sie tatsächlich kostet.«
Dass die Kosten mit dem privaten Betreiber tatsächlich sinken, zweifelt der Institutsleiter daher stark an. In Berlin seien die Gebühren mit der Privatisierung drastisch gestiegen. In Sachsen gebe es das Beispiel einer privatisierten Stadtentwässerung, die den Bürgern doppelt so hohe Kosten in Rechnung stelle wie ein kleinerer kommunaler Betrieb in der Nachbarschaft. Halbachs Haupteinwand gegen Privatisierung ist, dass damit ein unkontrollierbares Monopol entstehe. Und wenn dann die Kosten extrem steigen, könne der Bürger nur zahlen oder wegziehen. Die Alternative sieht Halbach in der »ständigen Kontrolle der kommunalen Geschäfte und einer damit verbundenen Verbesserung der Zweckmäßigkeit kommunaler Anlagen«.

Der günstigste Verband in der Region
Und so erklärt sich wohl auch, warum Fürstenwalde gar nicht schlecht dasteht: Der Verband ist der günstigste in der Region. Zwar bescherte auch der Wasser- und Abwasserverband Scharmützelsee-Storkow im nahe gelegenen Wendisch-Rietz den Verbrauchern zum Jahresbeginn eine Kostensenkung bei der Kanalisationsgebühr von 4,71 Euro auf 3,45 Euro. Aber bei einem Jahresverbrauch von durchschnittlich 90 Kubikmetern pro Haushalt bei der Abwasserentsorgung fallen in Wendisch-Rietz mehr als 750...

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