ZDF-Freundeskreise und Augsburger Huren

Blogwoche

  • Jürgen Amendt
  • Lesedauer: 3 Min.

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe muss seit Anfang der Woche die Frage klären, ob der Einfluss des Staates auf das ZDF zu groß ist. Im Mittelpunkt des Interesses stehen dabei die sogenannten Freundeskreise in den ZDF-Gremien. Davon gibt es zwei: einen der Union nahestehenden und einen, der mit der SPD und den Gewerkschaften verbandelt ist. Max Steinbeis - Journalist und Jurist - beschreibt auf www.verfassungsblog.de die Arbeitsweise dieser »Freundeskreise« so: »Die jeweiligen Mitglieder treffen sich am Vorabend der Sitzungen im informellen Kreis und diskutieren aus, was es zum Ausdiskutieren gibt.«

Bei den Richtern sind am ersten Verhandlungstag offenbar die Zweifel gewachsen, dass diese Zustände mit dem ZDF-Staatsvertrag vereinbar sind. »Richtig trübe wurde es, als die Rede auf die Auswahl der Fernsehratsmitglieder kam«, stellt Steinbeis fest. »Auf die Frage des Richters Geyer, wer denn etwa die Belange der Muslime oder der Migranten im Fernsehrat vertrete, kam nur die Antwort, eine tüchtige Verdi-Vertreterin habe sich als Fürsprecherin der Minderheiten immer sehr hervorgetan.« Das Unbehagen der Richter »an diesem idyllischen Bild« sei nach dem Auftritt des ZDF-Fernsehratmitglieds Gesine Lötzsch noch größer geworden. »Risse fügte diesem idyllischen Bild die Linken-Bundestagsabgeordnete Gesine Lötzsch zu, die berichtete, dass sie jedenfalls bei keinem Freundeskreis Anschluss gefunden habe.«

Bis ein Urteil im Verfahren gesprochen wird, wird es noch viele Monate dauern. Die Richter werden sich Zeit lassen, um Fakten zu sichten und Aussagen zu werten. Da haben es manche Medien einfacher. Für sie gilt: Zu jeder Behauptung gibt es auch eine Umfrage, die diese belegt - unabhängig davon, wie datenfest die jeweilige Umfrage wirklich ist. Die Kampagne von Deutschlands Oberfeministin Alice Schwarzer gegen die Prostitution lieferte der »Welt« vor gut einer Woche die Vorlage für die Behauptung, dass Augsburg »die größte Hurendichte Deutschlands« messe.

Für den Journalisten und Datenexperten Lorenz Matzat ist das eine These, die sich anhand des Zahlenmaterials nicht belegen lässt. »Im Kern war die Idee wohl, dass man bei Polizeien und Verwaltungen aller Städte über 100 000 Einwohner in Deutschland nach der Anzahl (aber nicht Geschlecht) der Sexarbeitenden in der jeweiligen Stadt fragen wollte«, schreibt Matzat in seinem Blog www.datenjournalist.de. Die »Welt« habe aber selbst einräumen müssen, dass von den 80 größten deutschen Städten sich ein Viertel nicht in der Lage gesehen habe, »die Zahl der vor Ort tätigen Prostituierten auch nur ungefähr zu beziffern«. Genannt würden im Artikel »nur drei Städte (Augsburg, München, Stuttgart) mit ›präzisen Angaben‹, von zwei andere Städten (Frankfurt, Berlin) gab es ›Hochrechnungen‹; Hamburg und Köln lieferten ›grobe Schätzungen‹. Welcherlei Qualität die verwendeten Zahlen der anderen gut 50 Städte sind, wird nicht dokumentiert.«

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