Nun droht doch wieder der Parkeintritt für Sanssouci

Potsdamer Stadtverordnete lehnten Bettensteuer und Tourismusabgabe ab / Oberbürgermeister kündigte Haushaltssperre an

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Potsdam. Im Streit um die Kosten für die Pflege des Schlossparks Sanssouci sind sowohl eine Bettensteuer als auch eine Tourismusabgabe gescheitert. Die Potsdamer Stadtverordneten lehnten die Anträge von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) am Mittwoch mehrheitlich ab. Danach kündigte der Oberbürgermeister eine Haushaltssperre für das kommende Jahr an.

Mit einer Abgaben sollte die mit der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten vereinbarte Zahlung von einer Million Euro jährlich finanziert werden. Dafür wollte die Stiftung auf ein Eintrittsgeld von zwei Euro für den als Unesco-Welterbe eingestuften Park Sanssouci verzichten.

Für die Tourismusabgabe, die von allen Gewerbetreibenden bezahlt werden sollte, gab es nur acht Ja-Stimmen der insgesamt 55 Stadtverordneten. Die Bettensteuer, die für private Übernachtungen in Hotels erhoben werden sollte, wurde mit 23 zu 17 Stimmen abgelehnt. Die übrigen Stadtverordneten enthielten sich. Abgelehnt wurde zuvor auch ein Vorstoß der Linksfraktion, die Entscheidung um drei Monate zu vertagen und mit der Wirtschaft über einen freiwilligen Beitrag zu verhandeln.

Mit der Haushaltssperre soll jetzt der Betrag für die Stiftung durch Sparen erwirtschaftet werden. »Der Kämmerer Burkhard Exner wird nun dazu die Prüfung einleiten«, sagte Stadtsprecher Stefan Schulz. Demzufolge kommen alle freiwilligen Leistungen der Stadt auf den Prüfstand. Es könnte unter anderem die Kultur treffen.

Der Vertrag mit der Stiftung wurde im Sommer geschlossen. Er sieht vor, dass die Stadt über fünf Jahre hinweg insgesamt fünf Million Euro überweist. Hoteliers, Gastronomen und Händler wehrten sich gegen eine Abgabe. Sie plädierten angesichts von 18,5 Millionen Tagesbesuchern und nur 500 000 Hotelübernachtungen pro Jahr für den Parkeintritt.

Dem will Jakobs nun auch nachkommen. Bereits im Dezember will er im Stadtparlament vorschlagen, den Vertrag mit der Stiftung aufzulösen. Dann käme 2014 doch der Parkeintritt. »Es zeigt sich, dass nach dem Verursacherprinzip der Parkeintritt die sauberste Lösung wäre«, begrüßte Olaf Lücke, Hauptgeschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbandes, die Entwicklung.

Allerdings enthält der Vertrag mit der Schlösser-Stiftung keine Ausstiegsklausel, die Stiftung müsste zustimmen. »Wir nehmen die Entscheidung mit Erstaunen zur Kenntnis«, sagte Stiftungssprecherin Friederike Foitzik. Zu einer Auflösung müsste der Stiftungsrat gefragt werden, erklärte sie. Die Stiftung benötigt dringend Geld - für alle ihre Parks jährlich 4,5 Millionen Euro mehr.

Der Parkeintritt ist mindestens genauso umstritten wie eine Tourismusabgabe oder eine Bettensteuer. Der Eintritt würde Studenten und Einwohner schmerzen, die auf dem Weg zur Universität oder zur Arbeit den Park durchqueren oder sich dort erholen. Bislang ist der Eintritt durch alle Zeiten hindurch frei gewesen. Selbst die preußischen Könige erlaubten ihren Untertanen, im Park zu flanieren, ohne dafür etwas zu bezahlen. Die LINKE wollte den Parkeintritt ursprünglich unbedingt vermeiden und hatte eindringlich davor gewarnt, so lange um das Für und Wider von Bettensteuer oder Tourismusabgabe zu streiten, bis am Ende keine von beiden Varianten verwirklicht werden kann. Nun aber hat die LINKE, wie auch die SPD, nicht einheitlich abgestimmt. Die mögliche linke Mehrheit für eine Abgabe kam deshalb nicht zustande.

Kürzungen bei Kultur und Jugend, das könne es doch nicht sein, findet der LINKE-Kreisvorsitzende Sascha Krämer. Er plädiert dafür, »schleunigst« einen anderen Weg zu finden, etwa den Bund anzusprechen. Wer zwölf Millionen Euro für den umstrittenen Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche spendieren wolle - das hat die Bundesregierung in Aussicht gestellt -, der müsste auch noch zwölf Millionen zusätzlich für Sanssouci übrig haben, denkt Krämer. dpa/nd-Fritsche

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