Syrien: Impfkampagne
Ausbreitung der Kinderlähmung soll gestoppt werden
Genf. In den kommenden sechs Monaten sollen 20 Millionen Kinder in Syrien und sechs weiteren Staaten gegen Polio immunisiert werden, teilten die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und das UN-Kinderhilfswerk UNICEF am Freitag in Genf mit. In Syrien seien schon rund 650 000 Kinder gegen Poliomyelitis geimpft worden, darunter 116 000 im Kampfgebiet Deir al Sur im Nordosten, teilten WHO und UNICEF mit. Der Erreger habe in der Region schon zehn Kinder gelähmt und bedrohe Hunderttausende weitere. In den vergangenen zwölf Monaten sei der Virus in Abwasserproben in Ägypten, Israel, Westjordanland und Gaza-Streifen nachgewiesen worden. Und das, obwohl Polio in der Region seit fast zehn Jahren als ausgerottet galt.
Nach UN-Angaben wurden in den vergangenen zwei Jahren wegen der Kämpfe in Syrien eine halbe Million Kinder nicht gegen die hoch ansteckende und vor allem für die Kleinen lebensgefährliche Infektionskrankheit geimpft. Die Impfrate sei seit Beginn des Bürgerkriegs von 90 auf 68 Prozent gesunken. Der Polio-Virus befällt das Nervensystem und kann innerhalb von wenigen Stunden zur Lähmung des gesamten Körpers bis hin zum Tod führen. Übertragen wird der Erreger durch Tröpfchen- oder Schmierinfektion.
Die Rückkehr der Kinderlähmung nach Europa sei eine »reale« Gefahr, warnten Martin Eichner von der Universität Tübingen und Stefan Brockmann vom Reutlinger Kreisgesundheitsamt am Freitag in einem Beitrag für die britische Fachzeitschrift »The Lancet«. Es sei »nicht ausreichend«, wenn nur syrische Flüchtlinge geimpft würden. Auch Touristen und Geschäftsreisende könnten den Virus einschleppen.
Die Wissenschaftler rechneten vor, dass nur einer von 200 infizierten Menschen die vollen Symptome entwickele, deswegen könne sich der Virus ein Jahr lang ausbreiten, bis er entdeckt werde. AFP/nd
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