Misstrauensvotum gegen Regierung in Griechenland
Antrag von Linksbündnis Syriza nach Räumung von ehemaligem Staatsrundfunk ERT / Mit Abstimmung wird in der Nacht zum Montag gerechne
Athen. Das griechische Parlament berät seit Freitag über ein Misstrauensvotum gegen die Regierung, das die linke Oppositionspartei Syriza beantragt hat. Die Debatte wird sich über das Wochenende hinziehen. Den Antrag hatte überraschend am Vortag die größte griechische Oppositionspartei, das Bündnis der radikalen Linken (Syriza), gestellt. Die Abstimmung wird nach Angaben des Parlamentspräsidiums am Sonntag kurz vor Mitternacht erwartet.
Obwohl die Regierung des konservativen Ministerpräsidenten Antonis Samaras mit 155 von 300 Sitzen nur eine knappe Mehrheit hat, gilt ihr Sturz als unwahrscheinlich. Die regierenden Konservativen verfügen mit ihrem Koalitionspartner, den Sozialdemokraten, über 155 Sitze im Parlament. Regierungschef Samaras reagierte gelassen: »Die Demokratie hat keine Angst vor einem Misstrauensvotum.«
Oppositionsführer Tsipras begründete den Antrag damit, dass seine Partei »die Wirtschaftskatastrophe und die Abwertung der Demokratie« abwenden wolle. Der Antrag kam wenige Stunden, nachdem die griechische Polizei das seit Juni besetzte Gebäude des staatlichen Fernsehens geräumt hatte. Samaras hatte den Sender im Zuge der Verschlankung des Staates von einem Tag auf den anderen geschlossen. Alle 2500 Mitarbeiter wurden entlassen. Seither besetzten einige hundert ehemalige Angestellte das Hauptgebäude des Fernsehens und sendeten ein Protestprogramm via Internet. Das Bündnis der radikalen Linken wirft der Regierung autoritäres Verhalten vor.
Als weiteren Grund für den Misstrauensantrag nannte die Oppositionspartei die Sparpolitik. Diese habe dazu geführt, dass mehr als 27 Prozent der Griechen arbeitslos seien. Die Regierung wage es nicht, den Kontrolleuren der internationalen Geldgeber endlich klarzumachen, dass es so nicht weitergehen könne. Tsipras ist ein erbitterter Kritiker der griechischen Sparpolitik. Den internationalen Gläubigern wirft er vor, das Land in die Rezession getrieben zu haben. Er bezeichnete das Misstrauensvotum als Versuch, das Land von seinem »katastrophalen Kurs« abzubringen.
Das Land ist seit Jahren auf Milliarden-Kredite der Europartner und des Internationalen Währungsfonds (IWF) angewiesen. Eine Delegation der Troika aus IWF, Europäischer Union (EU) und Europäischer Zentralbank (EZB) prüft seit Montag in Athen den Fortgang von Wirtschaftsreformen. Nur bei einem ausreichenden Zeugnis kann die nächste Kredittranche von einer Milliarde Euro freigegeben werden. Agenturen/nd
Der Misstrauensantrag:
To the Honourable Speaker of the Hellenic Parliament
Mr. Evangelos – Vasileios Meimarakis
Athens, November 7th, 2013
Honourable Mr Chairman,
in accordance to the article 142 of the Hellenic Parliament, the Parliamentary Group of SYRIZA, in response to the current authoritarian police intervention in ERT, submits proposal of no confidence to the Government, due to the persistent violations of democratic legitimacy and the economic economic distress which has reached the greek society because of the brutal economic policy .
The proposers MPs
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.