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Das Spiel hat 90 Minuten, die Schule hat Courage
Marie-Curie-Gymnasium in Hohen Neuendorf ohne Rassismus / Titel am Mittwoch verliehen
Ein Pfiff ertönt in der Sporthalle des Marie-Curie-Gymnasiums in Hohen Neuendorf. Jennifer Meier, die in Schweden kickt, schiebt den Ball von der Seite rein und schon stürzen mehrere Schülerinnen auf das Leder zu und versuchen, ein Tor zu erzielen. Auf der gegenüberliegenden Seite steht Europameisterin Britta Carlson von Turbine Potsdam zwischen den Pfosten und erwartet die Schüsse der Achtklässlerinnen. In der Mitte übt Mannschaftskameradin Jenny Zietz mit anderen Mädchen Kopfbälle. Daneben leitet Anja Mittag eine weitere Trainingsgruppe. Auch sie ist Nationalspielerin und eine Turbine-Frau.
Turnschuhe quietschen auf dem Parkett, Schülerinnen feuern sich gegenseitig an. Am Rand des Spielfeldes sitzt die einstige Bundestrainerin Tina Theune-Meyer. Sie unterhält sich mit Journalisten und signiert nebenbei Autogrammkarten. Was ist hier los? Das Gymnasium bekam gestern als 17. Schule im Land Brandenburg den Titel »Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage« (Noch im Frühjahr folgen die Oberschule in Ludwigsfelde und das Saldern-Gymnasium in Brandenburg/Havel). Als Patin stellte sich Theune-Meyer zur Verfügung.
Wenn eine Bildungseinrichtung als Schule ohne Rassismus anerkannt werden möchte, müssen mindestens 70 Prozent der Kinder und Jugendlichen, aber auch der Lehrer und der sonstigen Mitarbeiter dafür unterschreiben. 78 Prozent waren es am Marie-Curie-Gymnasium. Das heiße aber nicht, dass die anderen 22 Prozent Rassisten sind, versichern Raja Gutmann und Markus Balmer aus der 12. Klasse. Von Neonazis an ihrer Schule wissen sie nichts.
Diese Einschätzung bestätigen später drei andere Gymnasiasten, die an ihrer Kleidung als Linke zu erkennen sind. Alle drei tragen Palästinensertücher, einer heftete sich mit Sicherheitsnadeln einen Che-Guevarra-Aufnäher an den Jackenärmel. Sie sagen, dass es weder am Gymnasium, noch überhaupt in Hohen Neuendorf Nazis gebe, auch nicht im nördlich gelegenen Birkenwerder, sondern erst wieder im noch ein Stück weiter entfernten Oranienburg.
Aber Diskriminierung erleben Ausländer nicht nur von erklärten Rechtsextremisten. Davon kann Shary Reeves erzählen. Die junge Frau, deren Mutter aus Tansania und deren Vater aus Kenia stammt, registriert immer wieder schräge Blicke und fühlt sich hin und wieder beiseite geschoben, wenn sie beim Bäcker einkauft.
Shary Reeves moderierte früher beim WDR den »Mausclub« und führt heute normalerweise gemeinsam mit Ralph Caspers durch die vom Kinderkanal ausgestrahlte Sendung »Wissen macht Ah«. Am Mittwoch moderierte sie die Titelverleihung in Hohen Neuendorf. Das ist kein Zufall. Immerhin machte Reeves auch eine Fußball-Karriere, spielte knapp zwei Jahre Bundesliga im Mittelfeld des SC 07 Bad Neuenahr - »als Rechtsfuß immer auf der linken Seite«, wie sie bedeutungsvoll erklärt.
Außerdem gründete Reeves einst mit drei Geschwistern die Band »4 Reeves« und trat 1992 auf beim Kölner Konzert »Arsch hu« (Kölsch für »Arsch hoch«). Es handelte sich dabei um eine Künstlerinitiative gegen Ausländerfeindlichkeit. Die Idee, Schule ohne Rassismus zu werden, kam in Hohen Neuendorf auf, als das Oranienburger Runge-Gymnasium vor einigen Jahren diesen Schritt machte und zur Titelverleihung Gäste vom Marie-Curie-Gymnasium einlud. Im Vorfeld des gestrigen Tages gab es im Schulgebäude an der Waldstraße Projekttage, bei denen man sich mit verschiedenen Kulturen und Religionen und mit den Ursachen von Vorurteilen beschäftigte. Dass man Tina Theune-Meyer zur Patin erkor, entsprang einem Zufall. Die Tante einer Gymnasiastin kennt die Ex-Bundestrainerin.
Die Schule ist eigentlich auf Naturwissenschaften spezialisiert. Trotzdem sind auch sportliche Erfolge zu vermelden. Den Eingangsbereich zieren zwei Vitrinen mit fast 70 Pokalen, gewonnen vor allem bei Volleyball-Turnieren, aber auch in den Dis...
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