»Die Raver sind 2002 in Berlin willkommen«, freute sich Wirtschaftssenatorin Juliane Freifrau von Friesen (für Grüne) gestern, als sie Planetcom die vor einer Woche vom Senat zugestandene offizielle Erlaubnis für die Loveparade 2002 überreichte. »Jeder Euro stimmt uns extrem fröhlich«, sagte sie mit Blick auf die zu erwartenden etwa 128 Millionen Euro, die am 13. Juli 2002 in die Stadt fließen werden. Dass es sich nicht länger um eine Demonstration, sondern um eine kommerzielle Veranstaltung handelt, hat die Loveparade GmbH nach ihrer Niederlage vor dem Bundesverfassungsgericht endlich akzeptiert. Und zwar mit allen Konsequenzen. Für den Übergang beteiligt sich die öffentliche Hand 2002 und 2003 noch mit 50 bzw. 25 Prozent an den Straßenreinigungskosten, ab dann muss der Veranstalter alle Kosten allein tragen, wozu auch Parkreinigung, Verkehrsregelung und Schadensprophylaxe wie -beseitigung gehören. Rund 800000 Mark kommen da zusammen. Ein Großteil davon war schon in diesem Jahr aufgebracht worden, wovon auch Neuanpflanzungen im Tiergarten bezahlt werden, Um die - wie die Veranstalter meinen - meist emotional geführte Debatte über die Strecke Straße des 17. Juni zu versachlichen, war ein Gutachten bei einem Landschaftsarchitektenbüro in Auftrag gegeben worden, das gestern vorgestellt wurde. Loveparaden-Sprecher Enric Nitzsche glaubte, damit eine »objektive Grundlage« für Schadensprävention und -behebung zu haben. Claudia Hämmerling, stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Grünen, monierte dagegen, das »auftraggebergerechte« Gutachten sei »nicht mal gut gemeint«, eine Alternativroute werde zum Gegenstand der Koalitionsgespräche gemacht. Zweifel an dem umfangreichen Papier sind tatsächlich angebracht, denn es verliert sich zwar in der Historie von Tiergarten und Loveparade, kann jedoch keinen Vergleich zwischen dem heutigen und dem Zustand des Tiergartens vor der ersten Loveparade 1996 aufzeigen - was dazu verführte, Christopher-Street-Day, Silvesterpartys, Griller und andere Gartenbesucher für vorhandene Schäden mitverantwortlich zu machen. Fragwürdig erscheint auch die Feststellung, die »Krautvegetation« habe sich bis Oktober selbst regeneriert, und zwar »trotz trockenen Sommers«, was nicht nur Meteorologen wundern dürfte. Beobachtet wurde in Wort, Foto und Karte lediglich die Situation in diesem Jahr: vor dem 21. Juli, zwei Tage danach und im Oktober. Fazit: Nur in einem 50 Meter breiten Streifen entlang der Straße des 17. Juni und damit auf fünf Prozent des Tiergartenareals seien Vegetations- und Bodenschäden auszumachen gewesen, aus naturschutzfachlicher Sicht seien die Schäden als »nicht nachhaltig«, aus gartendenkmalpflegerischer Sicht als »erheblich« zu bewerten. Die Schäden ließen sich »durch gezielte Maßnahmen in Zukunft weitgehend vermeiden bzw, vermindern«. Dazu wird vorgeschlagen, die Stände an der Straße des 17. Juni jedes Jahr ein Stückchen versetzt aufzustellen, um so den Schneisen in den Garten etwas mehr Zeit zur Regeneration zu lassen, Flatterbänder zwischen den Bäumen zu spannen, die Trampelpfade durch »lückiges Nachpflanzen« von Sträuchern zu verschmälern, die Ligusterhecken um die Siegessäule in Behältern in die Erde zu setzen und zu Paradezeiten in Sicherheit zu bringen, schließlich mehr Toilettenhäuschen aufzustellen. Nun ja - ein Gutachten ist Sache der Auftraggeber. Die Schadensfeststellung im Denkmal Tiergarten bleibt Sache des Bezirksamtes.