Anfang am Taubenschießplatz

Vor 85 Jahren veranstalteten französische Leichtathletinnen in Monaco die erste »Frauenolympiade«

Der 24. März 1921 war ein großer Tag für Alice Milliat: Auf dem Taubenschießplatz des sportbegeisterten Fürstentums Monaco wurde an jenem Tag die »Frauenolympiade« eröffnet, und die Vorsitzende des französischen Frauensportverbandes konnte sich am Anblick von Sportlerinnen aus fünf Nationen (Großbritannien, Schweiz, Italien, Norwegen, Frankreich) kaum satt sehen. Was für ein Erfolg.
Die Monaco-Spiele waren eigentlich als Protest gegen den Entscheid des Internationalen Olympischen Komitees gedacht, in dem zu den Spielen 1924 wiederum keine Leichtathletinnen zugelassen wurden. Das IOC fand Leichtathletinnen »unweiblich«. Den weltoffenen Monegassen gefiel der Wettstreit der Athletinnen aber so gut, dass auch in den beiden kommenden Jahren die Frauenolympiade veranstaltet wurde. Ein Ärgernis für den IOC-Gründer Baron Pierre de Coubertin, d er von Anfang an die Spiele der Neuzeit den Männern vorbehalten meinte. Er glaubte die Frauen dazu ausersehen, die Heldentaten der Athleten von der Tribüne aus zu bewundern.
1896 in Athen waren folgerichtig nur Männer am Start. Doch das änderte sich schnell. Weil die Spiele 1900 in Paris und 1904 in St. Louis während Weltausstellungen stattfanden, konnten die jeweiligen Organisationskomitees nach eigenem Gutdünken auch einige Damen teilnehmen lassen - eine »Verwässerung olympischer Ideale«, die Coubertin nur ungern mit ansah. Doch die Bewegung war nicht mehr aufzuhalten. Das IOC, das einen Machtverlust befürchtete, bemühte sich fortan auch um die Sportlerinnen und Coubertin relativierte seine Ansichten.
»Frauenolympiaden« gab es dennoch eine Weile. Der Internationale Frauensportbund, den Alice Milliat noch 1921 gründete, veranstaltete nach der Premiere in Monaco Frauenweltspiele: 1922 in Paris, 1926 in Göteborg, 1930 in Prag und 1934 in London. 1936 aber löste Alice Milliat den mittlerweile machtlos gewordenen Verband auf, dessen eigene »Olympiaden« den Weg zur Gleichberechtigung in der Olympischen Bewegung ebneten.

Olympische Emanzipation
1896 Athen:
Keine Frauen erlaubt.
1900 Paris: Erstmals Frauen vereinzelt (insgesamt 21) dabei, erste Goldmedaille für die Seglerin Helen de Pourtalés im Boot ihres Mannes.
1912 Stockholm: Erstmals Schwimmerinnen, aus 11 Ländern.
1924 Paris: Die Florettfechterinnen dürfen auf die olympische Planche.
1928 Amsterdam: Erstmals Turnerinnen und Leichtathletinnen. Zwei 800m-Läuferinnen sinken - erschöpft, enttäuscht - im Ziel ins Gras. Fortan laufen Frauen bis 1960 keine Strecken über 200 m.
1952: IOC-Präsident Brundage will Frauen-Kugelstoßen und Diskus aus dem Programm haben. Er scheitert.
1964 Tokio: Erstmals Frauen im Teamsport, beim Volleyball.
1968 Mexiko: Erste Fackelträgerin: Enriqueta Basilio Stole.
1984 Los Angeles: Premiere für Frauensportarten: Synchronschwimmen und Rhythmische Sportgymnastik. Neu auch: Frauen-Marathon.
1991: Das IOC beschließt, neue Sportarten nur aufzunehmen, die auch von Frauen betrieben werden.
1994: Erste IOC-Arbeitsgruppe Frauen und Sport.
1996 Atlanta: Erstmals sind Fußballerinnen dabei.
2004 Athen: In 26 von 28 Sportarten treten auch Frauen an, insgesamt sind 40,7 % der Athleten weiblich.
2006:
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