Jürgen Klinsmann schlägt zurück

4:1-Erfolg gegen USA bringt deutscher Nationalelf etwas Ruhe: bis zum nächsten Spiel

  • Matthias Koch, Dortmund
  • Lesedauer: ca. 2.5 Min.
Nur 90 Minuten nach dem Abpfiff im Dortmunder WM-Stadion war die Stadtreinigung schon fleißig bei der Arbeit. Flaschen, Papier und sonstiger Dreck wurden rund um den Fußballtempel einfach weggefegt oder aufgesaugt. Auch Bundestrainer Jürgen Klinsmann machte reinen Tisch nach dem 4:1 gegen die USA am Mittwochabend. »Für uns ist dieser Sieg sehr wichtig, um ruhiger arbeiten zu können«, sagte der 41-Jährige, ehe es aus ihm herausbrach. »Was sich vorher abgespielt hat, war teilweise unter der Respektsgrenze. Aber jetzt wissen wir, wo die Leute sitzen, die uns nicht wohl gesonnen sind.« Adressaten seiner Kritik waren nicht die Millionen Bundestrainer in den deutschen Wohnzimmern, sondern die Journalisten im zugigen Zelt des Presse-Clubs im alten Dortmunder Stadion »Rote Erde«, wo die Borussia bis Anfang der 70er Jahre ihre Heimstätte hatte. Jürgen Klinsmann attackierte die Medien nicht so impulsiv wie sein Vorgänger Rudi Völler es im September 2003 im öffentlich-rechtlichen Fernsehen getan hatte. Ohne aus der Haut zu fahren, schleuderte er den Medienvertretern ruhig und durchdacht Sätze entgegen, die in seinem Kopf für den Fall eines Sieges gegen die US-Amerikaner wohl schon lange abgespeichert waren. Er habe keine Einwände gegen berechtigte sportliche Kritik. Die 1:4-Niederlage in Italien vor drei Wochen sei eine Lektion gewesen. »Aber dass Politik gegen einen gemacht wird, die zu weit geht, hat mit der Arbeit nichts zu tun«, sagte der Bundestrainer, dem im gleißend weißen Scheinwerferlicht wohl keine Tränen der Trauer, sondern der Wut in den Augen standen. »Macht Euch Gedanken, welchen Einfluss Ihr habt. Man kann nicht alles kaputt machen, bevor es überhaupt losgeht«, schrieb Klinsmann den anwesenden Pressevertretern stellvertretend für große Teile der Medienwelt ins Stammbuch. Mit »es«, meinte er die Weltmeisterschaft. Interessant wäre sicher gewesen, wie Klinsmanns Brandrede im Falle eines für Deutschland nicht so positiven Resultats ausgefallen wäre . Zudem vergaß der Bundestrainer in seiner inneren Rage, dass in der ersten Halbzeit fast nichts zusammenlief und erst ein Zufallstreffer des eingewechselten Bastian Schweinsteiger gegen die mit mehreren Reservespielern angetretenen US-Amerikaner um den Kapitän Kasey Keller (»Das war unser Italien.«) Deutschland in Vorhand brachte. Das Pfeifkonzert zur Pause hatte der Dortmunder Christoph Metzelder im Gegensatz zu seinem Coach nicht vergessen, als er den Satz des Abends sagte: »Es war nur ein Arbeitssieg, wir haben uns aus der Situation herausgekämpft.« Wie auch immer: Jürgen Klinsmann hofft nun, dass er bis zur Bekanntgabe des WM-Kaders am 14. Mai in Berlin weniger öffentlichen Gegenwind bekommt - auch wenn er am Sonntag erstmal wieder nach Kalifornien fliegt. Dort könne er immer wieder auftanken. Das richtige Arbeiten mit der Mannschaft sei ohnehin erst in der unmittelbaren Vorbereitung auf die WM nach dem Ende der Bundesligasaison möglich. Hoffnungen noch auf den deutschen WM-Zug mit 23 Plätzen aufspringen zu können, dürfen sich nach dem Spiel auch der Dortmunder Sebastian Kehl und der Mönchengladbacher Torschütze Oliver Neuville machen, die sich mit weiteren Konkurrenten um die lau...

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