XXL-Verlierer

Reiner Calmund ist auf dem besten Wege, seinen Ruf zu verlieren. Der 57-jährige Rheinländer war einst so etwas wie der Vater des Erfolges des Fußballvereins Bayer 04 Leverkusen. Von der Werkself wird schon lange nicht mehr als Retortenklub gesprochen. Alles Calmunds Werk, der dem Verein 27 Jahre lang in leitender Funktion mit der Wucht seinen gesamten Körpers zur Verfügung stand. Wenn Calmund, der 1,73 Meter groß ist, seine mindestens 150 Kilogramm in seine Reihe in der Leverkusener Bayarena praktisch auf zwei Sitze quetschte, war der lebensfrohe Mann in seinem Metier. Die Formkurve seines Vereins stand dem XXL-Manager häufig ins Gesicht geschrieben. Spielte Bayer 04 gut, ging es Calmund bestens. Da nahm er ab und an auch mal ein paar Kilogramm ab. Stand es jedoch schlecht um den Verein, wie beim Fastabstieg in der jetzt von der Staatsanwaltschaft beleuchteten Spielzeit 2002/03, musste der Leverkusener Physiotherapeut Dieter Trzolek auf der Hut sein. Sicherheitshalber steckte der für den in heißen Phasen sogar im Gesicht zuckenden Calmund ein Nitro-Spray für den Fall eines Herzinfarktes ein. Aus gesundheitlichen Gründen legte Calmund, der wegen der für ihn zu großen Spannung häufig die Schlussminuten in den Stadionkatakomben verbringen musste, im Sommer 2004 seinen Job nieder. Vielleicht drängte auch Bayer Leverkusen wegen der allmählich zu Tage kommenden finanziellen Ungereimtheiten darauf. Auf alle Fälle freute sich Calmunds 23 Jahre jüngere und rund 100 Kilogramm leichtere Lebenspartnerin und heutige Frau Sylvia sehr darüber. Der Stress für Calmund schien einfach zu groß zu werden. Die Bundesliga ohne den Entertainer Calmund konnte sich eigentlich niemand so richtig vorstellen. Die lockeren Kommentare des gelernten Betriebswirtes waren fortan im Fernsehen zu hören, wo er den »Big Boss« bei RTL mimte. Während sich sein alter Arbeitgeber Bayer zunehmend distanzierte, stieg Reiner Calmund zum WM-Botschafter von Nordrhein-Westfalen auf. Während der WM soll er mit Ex-Nationaltrainer Rudi Völler für RTL als Experte die WM beleuchten. Es ist fraglich, ob das so bleibt, wenn der...