Finsterwalde in Angst vor Nazimob
Rechte Schläger nach Überfall auf Wohngemeinschaft auf freiem Fuß Terror
Finsterwalde (ddp-Ufer/ND). Nach einem Überfall auf eine Wohngemeinschaft im brandenburgischen Finsterwälde haben die rechtsextremen Schläger beim Amtsgericht Bad Liebenwerda bisher milde Richter gefunden. Alle vier Haftbefehle gegen mutmaßliche Teilnehmer des Anschlages wurden außer Vollzug gesetzt. In der Stadt schüren die frei herumlaufenden Schläger die Furcht vor weiteren Ausschreitungen. Bürgermeister Johannes Wohmann (FDP) sprach von einer neuen Qualität der Gewalt.
Eine 20-köpfige vermumjnte rechte Horde hatte am frühen Sonnabendmor gen die der linken Szene zugerechnete Wohngemeinschaft gestürmt und mit Äx ten und Baseballschlägern verwüstet.
Zwei Jugendliche konnten sich nur noch in einem Zimmer verbarrikadieren und auf das Eintreffen der Polizei hoffen. Bisher wurden acht junge Männer als mutmaßliche Täter ermittelt.
Das Szenario des Überfalls ähnelt dem anderer rechtsradikaler Anschläge aus jüngster Zeit. Per Handy wird aus rechten Schlägern und gewaltbereiten Mitläufern ein Rollkommando zusammengetrommelt. Meist reicht schon die Ankündigung, dass Linke oder Ausländer «aufgemischt» werden sollen. In einer Kneipe wird mit Alkohol und Nazi-Parolen die Stimmung aufgeheizt, dann geht es zum Tatort.
Oft gehen solche Attacken von bekannten Treffpunkten aus. Im Fall Finsterwalde war es die Gaststätte «Linde» im Nachbarort Massen, ein schon seit Jahren durch Skinhead-Konzerte auffallendes Lokal. Die Gefahren durch das Lokal ignorierte die Gemeindevertretung acht Jahre lang. Erst die überregionale Resonanz auf das rechte Sturmlokal bewegte den wirtschaftlich aufstrebenden Ort zu ersten Betroffenheitsbekundungen.
In Finsterwalde hatte es bereits Mitte der 90er Jahre schwere Krawalle gegeben. Die letzten Jahre waren ruhig, die Polizei ist daher auf Vermutungen zum Tatmotiv angewiesen. Vor einigen Wochen zog ein rechter Jugendlicher bei Rangeleien mit Linken den Kürzeren. Ob der Angriff ein Racheakt war, steht nicht fest. Mangels anderer Spuren geht der Cottbuser Staatsschutz dem nach.
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