Thekengerede

Breitner, Matthäus, Magath und Reuter diskutieren im Fußballglobus zu München

  • Karl-Wilhelm Götte
  • Lesedauer: ca. 2.0 Min.
Drei Weltmeister hatten vorne auf dem Podest Platz genommen, fünf Stunden nachdem Oliver Kahn seine WM-Teilnahme angedroht hatte. Die Anti-Klinsmann-Kolumnenschreiber Paul Breitner (Bild am Sonntag) und Rekordnationalspieler Lothar Matthäus (Sportbild) erfüllten alle Erwartungen, die beiden Mitdiskutanten Stefan Reuter, jetzt Sportdirektor bei 1860 und vor allem FC Bayern-Coach Felix Magath hielten sich dagegen mit Attacken auf Jürgen Klinsmann zurück. »Die Wahrheit ist heute Abend nicht auf dem Platz«, verkündete Breitner vollmundig, »sondern im Globus«, der anlässlich der WM durch alle WM-Städte zieht: ein Stahlgerüst mit viel Platz zum Debattieren darin. In München steht das Fußballgehäuse hinter dem Rathaus am Marienplatz. Das Niveau der Fachdiskussionen darin entspricht aber oft nur dem, was Fußballfreunde an Deutschlands Theken nach drei Glas Bier austauschen. »Sepp Maier wurde als Torwarttrainer von Klinsmann entlassen, weil Kahn nicht die Nummer eins werden sollte«, behauptete Breitner, weil das ihm offenbar Maier erzählt hatte. »Der 17-Stunden-Bundestrainer«, wie sich Breitner immer wieder gerne selbst nennt, prophezeite, dass Kahn aus dem Torwart-Duell als großer Sieger hervorgehen werde. Wie auch immer dies Breitner meinte, eins steht für den Weltmeister von 1974 fest: »Der Klinsmann hat dem Lehmann mit seiner Berufung ein Pulverfass umgehängt.« Auf jeden Fall sei das »für den Jürgen schlecht gelaufen«, höhnte Breitner, weil der Kahn nicht zurückgetreten ist - Applaus der 40 Zuhörer, in München natürlich mehrheitlich Kahn zugeneigt. Einig waren sich die Redner im »Globus«, dass sich die Chancen der deutschen Mannschaft bei der WM einzig auf den Heimvorteil reduzieren. Ansonsten ließen vor allem Breitner und Matthäus kein gutes Haar an der deutschen Auswahl. Was für eine unerfahrene Innenverteidigung zum Beispiel! Breitner: »Keiner von denen kann international Mann gegen Mann spielen.« Schuld ist natürlich auch hier Klinsmann. Der habe versäumt, eine eingespielte Verteidigung zu etablieren. Breitner empört: »Dafür wurden eineinhalb Jahre mit einem unsinnigen Torwartduell vergeudet.« Ob Lothar Matthäus jemand aus der aktuellen Elf für die Weltmeistermannschaft von 1990 tauglich hält? Ja, natürlich Ballack und Lehmann/Kahn. »Sonst würden es die anderen schwer haben«, schätzte Matthäus ein. »Wir sind momentan nicht unter den Top Ten in der Welt.« Trotzdem sei da noch der Heimvorteil, der das egalisieren könnte. Schwer erträglich scheint es den Selbstdarstellern Breitner und Matthäus jedoch, dass bei günstigem Verlauf der WM, Klinsmann doch alles richtig gemacht haben könnte. »Die Mannschaft muss man jetzt unterstützen«, machte da vor allem auch Matthäus feine Unterschiede. Doch letztlich blieb es im »Globus« beim Thekengeschwätz. Der Ort der Fußballweisheit ist ein anderer...

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