Die ND-Spendenaktion »Gemeinsam gegen Hunger« im vergangenen Winter kam auch den Reisbauernfamilien im Dorf Svay Tom in Kambodscha zu Gute. Dort entstanden mit Hilfe des Solidaritätsdienst-international e.V. (SODI) drei der in der Provinz Svay Rieng geplanten 200 neuen Brunnen. Einer trägt den Namen »Neues Deutschland«.
Die strahlenden Augen von Frau Kim sagen alles. Ja, ihr Leben sei mit dem Brunnen anders geworden, sprudelt es aus ihr hervor. Sie und ihr Mann Khut seien unendlich glücklich, dass für sie und sieben benachbarte Familien der tägliche Kraftakt, sauberes Wasser zu beschaffen, der Vergangenheit angehört. Der Brunnen steht hinter dem Wohnhaus der Familie, einem mit Palmblättern verkleideten Pfahlbau aus Holz und Bambus. Große Lettern verkünden weithin sichtbar, dass er mit Hilfe von »Neues Deutschland« entstand.
Stolz zeigt Kim den Projektkoordinatorinnen der »Kambodschanischen Frauen für Frieden und Entwicklung«, SODIs Partnerorganisation, den gerade angelegten kleinen Garten am Abfluss der Brunnenplattform. Die ersten Zwiebeln sind gesteckt, Beete für Gurken und Blattgemüse angelegt.
Bei frisch gebrühtem Tee wird mehr aus dem Leben der Familie erzählt. Sechs Kinder haben Kim und Khut großgezogen, zwei gehen noch zur Schule. »Wir haben Glück miteinander«, sagt Kim. »Aber das konnten wir damals, als die Leitung des Arbeitslagers unsere Hochzeit anordnete, noch nicht ahnen. Ich kannte meinen Mann damals erst fünf Tage.«
Das war in der Zeit des Mörderregimes unter Pol Pot (1975 bis 1979). Zwangsehen waren in den Arbeitslagern an der Tagesordnung. Die wenigsten Paare blieben nach der Befreiung Kambodschas zusammen. Kim und Khut waren 1975 wie der Großteil der Bevölkerung der Provinz Svay Rieng im Südosten Kambodschas aus ihrer Heimat in den Westen des Landes zwangsumgesiedelt worden. Die beiden waren damals gerade 19, 20 Jahre alt. Pol Pot hatte die Menschen in der Grenzregion zu Vietnam unter den Generalverdacht gestellt, Kollaborateure und Spione der Vietnamesen zu sein. Sie wurden auf »Killing Fields«, Stätten des Massenmords, getrieben, die zu den berüchtigtsten des Landes gehörten. Von Kims Familie hat nur noch die Mutter überlebt, die heute bei ihr wohnt. Khut hat trotz langer Suche keine Angehörigen mehr gefunden.
Gemeinsam hatten sich die beiden sofort nach der Befreiung nach Svay Rieng aufgemacht. Sie wollten sich in der Heimat eine neue Lebensgrundlage schaffen. Kim zeigt uns eine lange Narbe, die vom Fußgelenk bis über das Knie reicht. Kurz vor Svay Tom, ihrem Heimatdorf, so erzählt sie, umgab sie plötzlich lautes Blitzen. Unter ihren Füßen war eine Mine explodiert. Glücklicherweise war ein Lazarett in der Nähe. Das Bein wurde gerettet. Auch ihr Mann hat mit den heimtückischen Hinterlassenschaften des Krieges Bekanntschaft gemacht. Er war gerade dabei, das Feld hinter der provisorisch errichteten Bambushütte in Augenschein zu nehmen, auf dem die Familie bald mit dem Anbau von Reis beginnen wollte. Da passierte es. Bei dem Minenunfall verletzte er sich beide Hände.
Heute ist Khut Dorfvorsteher von Svay Tom. Deshalb die Plakate unter dem Vordach des Hauses. Eines warnt vor Aids und empfiehlt Kondome. Ein anderes zeigt, wie man mit einfachen Methoden die sanitären Verhältnisse verbessern und Haus und Hof sauber halten kann. Ein drittes klärt darüber auf, was unter H5N2 zu verstehen ist und was die Leute zu tun haben, wenn ihr Geflügel krank wird. Khut kann lesen und schreiben und deshalb den Dorfbewohnern alles gut erklären. Er hat gelernt, die Interessen seines Dorfes bei der Gemeindeverwaltung zu vertreten. Deshalb ist der freundliche Mann bei den Menschen sehr geachtet.
Khut, seine Frau Kim und die Nachbarfamilien haben von SODIs Partnerinnen erfahren, dass die Leser einer Zeitung in einem fremden, fernen Land Spenden gesammelt haben, damit Menschen wie die in Svay Tom sich aus ihrer Armut befreien können. Der Name dieser Zeitung steht auf ihrem Brunnen. Darauf sind sie sehr stolz.
Seit vier Jahren ruft »Neues Deutschland« zusammen mit dem Solidaritätsdienst international (SODI), INKOTA und dem Weltfriedensdienst (WFD) jährlich zu einer Spendenaktion auf. Im vergangenen Winter kamen über 22 000 Euro zusammen.