Angela und die Kampfgiraffen

Reporter Alfons »schockt« mit absurden Interviews

Sollen Kampfgiraffen verboten werden? Und warum blieb Angela Merkel während ihrer USA-Reise ein Aufenthalt im Folterknast erspart? »Alfons« nennt sich der Reporter, der solche Fragen stellt: eine Rolle, mit der EMMANUEL PETERFALVI (39) - gezwängt in eine rote Trainingsjacke und das fettige Haar an die Stirn geklatscht - zur Kultfigur der NDR-Sendung »Extra 3« aufgestiegen ist. Nun bringt der gebürtige Franzose, der linkische Harmlosigkeit vortäuscht, die Höhepunkte seiner Meinungsbilder vom Wochenmarkt auch auf die Bühne. ND-Autor RENÉ GRALLA hat mit dem Wahlhamburger über die Diskurskultur diesseits und jenseits des Rheins gesprochen.

ND: Viele Männer in Deutschland haben angeblich keine Lust mehr, Kinder zu kriegen. Andererseits hören wir vom HSV-Iraner Mehdi Mahdavikia, der gleich zwei Frauen beglückt. Daher ausnahmsweise mal eine Frage an Sie als »Alfons«, der sonst immer die Fragen stellt: Soll Bigamie Pflicht werden?
PETERFALVI: Während meiner Besuche auf Hamburgs Wochenmarkt habe ich gehört, dass die Deutschen aussterben. Schuld seien die Schwulen, die immer mehr würden ...

... und deswegen vielleicht obligatorisch eine Zweitfrau für die wenigen noch Willigen?!
Von mir aus, kein Problem.

Unvergessen ist das Meinungsbild, das Sie nach dem ersten Amerika-Besuch der Kanzlerin erstellt haben: »Frau Merkel war in den USA und ist dort nicht gefoltert worden. Hat Sie das überrascht?« Und dann die Antwort ...
... »Geht in Ordnung«.

Sind derart absurde Kommentare typisch deutsch? Würden sich Franzosen, die, wie jüngste Ereignisse zeigen, politisch viel wacher sind als die passive Mehrheit hier, ähnlich unbeholfen einlassen?
Das ist nicht typisch deutsch, das ist typisch Mensch. In Frankreich würde ich für meine Umfragen nur nicht auf den Markt, sondern in das Café gehen: dort, wo über tagesaktuelle Ereignisse und Politik diskutiert wird.

Ist der folgende Dialog in einem Pariser Bistro denkbar?! Alfons: »Sollten nach den Kampfhunden nun auch andere Tiere verboten werden, zum Beispiel Giraffen?« - »Äh, nee, wieso? Die sind doch nicht gefährlich.« - »Und Kampfgiraffen?« - »Ja, die unbedingt!«
Das ist die Magie der Figur Alfons. Wenn ein Journalist ganz ernsthaft die Leute anspricht, fühlen die sich wie bei einer Prüfung: Sie schwitzen, zittern und trauen sich nicht, über »die Ausländer« herzuziehen - wie sie das tun würden, wenn keine Kamera da wäre. Stattdessen reden sie dann von »ausländischen Mitbürgern« und werden banal und langweilig. Aber wenn der Reporter so scheiße aussieht wie Alfons, der seine Fragen mühsam vom Zettel abliest, sind die Hemmungen weg.

Hat sich einer Ihrer Interviewpartner schon mal beschwert?
Nein. 200 Umfragen habe ich gemacht und noch nie Ärger bekommen. Die Leute sehen die Kamera und außerdem spüren sie, dass ich sie wirklich mag.

Zu Älteren kriegen Sie leichter einen Draht, haben Sie bekannt.
Ältere spielen meist keine Rolle, und wenn die Leute authentisch sind, das finde ich toll. Jüngere dagegen - so die Altersgruppen bis fünfzig - glauben, sich besonders vorteilhaft präsentieren zu müssen, sobald sie eine Kamera sehen. Ich will aber Menschen ins Fernsehen bringen, die ehrlich sind und die sich selber treu bleiben.

Vielleicht ist das Niveau der Gespräche in Paris oder Hamburg vergleichbar. Trotzdem könnten die Konsequenzen unterschiedlicher kaum sein. Die Deutschen meckern, bleiben aber passiv - während die Franzosen gerade ein unsoziales Gesetz gekippt haben.
Wahrscheinlich sind das tatsächlich unterschiedliche Kulturen. Haben die Franzosen nichts zu tun, fragen die sich: »Und, was machen wir jetzt?! Wir streiken!« Der Deutsche möchte das auch gerne, aber darf das ja nicht - er muss doch arbeiten.

Ihre erste Umfrage haben Sie im Jahr 2000 produziert. Wie lange wird Alfons unterwegs bleiben?
Ich arbeite zusammen mit Ralf Schulze, der hat Alfons miterfunden. Wir haben uns erst einmal auf die nächsten 70 Jahre geeinigt.

Alfons, Ihr Alter Ego, trägt eine schrille Trainingsjacke. Wo haben Sie das Teil bloß her?
Aus dem NDR-Kostümfundus. Das ist original Nylon aus der DDR.

»Alfons« im Theater: »Die Rückkehr der Kampfgiraffen« am 29. April 2006 in Hamburg, Bucerius Kunst Forum (19/21/23 Uhr); am 4. Mai in Berlin, Tränenpalast (20 Uhr). Infos: www.alfons-fragt.deND: Viele Männer in Deutschland haben angeblich keine Lust mehr, Kinder zu kriegen. Andererseits hören wir vom HSV-Iraner Mehdi Mahdavikia, der gleich zwei Frauen beglückt. Daher ausnahmsweise mal eine Frage an Sie als »Alfons«, der sonst immer die Fragen stellt: Soll Bigamie Pflicht werden?
PETERFALVI: Während meiner Besuche auf Hamburgs Wochenmarkt habe ich gehört, dass die Deutschen aussterben. Schuld seien die Schwulen, die immer mehr würden ...

... und deswegen vielleicht obligatorisch eine Zweitfrau für die wenigen noch Willigen?!
Von mir aus, kein Problem.

Unvergessen ist das Meinungsbild, das Sie nach dem ersten Amerika-Besuch der Kanzlerin erstellt haben: »Frau Merkel war in den USA und ist dort nicht gefoltert worden. Hat Sie das überrascht?« Und dann die Antwort ...
... »Geht in Ordnung«.

Sind derart absurde Kommentare typisch deutsch? Würden sich Franzosen, die, wie jüngste Ereignisse zeigen, politisch viel wacher sind als die passive Mehrheit hier, ähnlich unbeholfen einlassen?
Das ist nicht typisch deutsch, das ist typisch Mensch. In Frankreich würde ich für meine Umfragen nur nicht auf den Markt, sondern in das Café gehen: dort, wo über tagesaktuelle Ereignisse und Politik diskutiert wird.

Ist der folgende Dialog in einem Pariser Bistro denkbar?! Alfons: »Sollten nach den Kampfhunden nun auch andere Tiere verboten werden, zum Beispiel Giraffen?« - »Äh, nee, wieso? Die sind doch nicht gefährlich.« - »Und Kampfgiraffen?« - »Ja, die unbedingt!«
Das ist die Magie der Figur Alfons. Wenn ein Journalist ganz ernsthaft die Leute anspricht, fühlen die sich wie bei einer Prüfung: Sie schwitzen, zittern und trauen sich nicht, über »die Ausländer« herzuziehen - wie sie das tun würden, wenn keine Kamera da wäre. Stattdessen reden sie dann von »ausländischen Mitbürgern« und werden banal und langweilig. Aber wenn der Reporter so scheiße aussieht wie Alfons, der seine Fragen mühsam vom Zettel abliest, sind die Hemmungen weg.

Hat sich einer Ihrer Interviewpartner schon mal beschwert?
Nein. 200 Umfragen habe ich gemacht und noch nie Ärger bekommen. Die Leute sehen die Kamera und außerdem spüren sie, dass ich sie wirklich mag.

Zu Älteren kriegen Sie leichter einen Draht, haben Sie bekannt.
Ältere spielen meist keine Rolle, und wenn die Leute authentisch sind, das finde ich toll. Jüngere dagegen - so die Altersgruppen bis fünfzig - glauben, sich besonders vorteilhaft präsentieren zu müssen, sobald sie eine Kamera sehen. Ich will aber Menschen ins Fernsehen bringen, die ehrlich sind und die sich selber treu bleiben.

Vielleicht ist das Niveau der Gespräche in Paris oder Hamburg vergleichbar. Trotzdem könnten die Konsequenzen unterschiedlicher kaum sein. Die Deutschen meckern, bleiben aber passiv - während die Franzosen gerade ein unsoziales Gesetz gekippt haben.
Wahrscheinlich sind das tatsächlich unterschiedliche Kulturen. Haben die Franzosen nichts zu tun, fragen die sich: »Und, was machen wir jetzt?! Wir streiken!« Der Deutsche möchte das auch gerne, aber darf das ja nicht - er muss doch arbeiten.

Ihre erste Umfrage haben Sie im Jahr 2000 produziert. Wie lange wird Alfons unterwegs bleiben?
Ich arbeite zusammen mit Ralf Schulze, der hat Alfons miterfunden. Wir haben uns erst einmal auf die nächsten 70 Jahre geeinigt.

Alfons, Ihr Alter Ego, trägt eine schrille Trainingsjacke. Wo haben Sie das Teil bloß her?
Aus dem NDR-Kostümfundus. Das ist original Nylon aus der DDR.

»Alfons« im Theater: »Die Rückkehr der Kampfgiraffen« am 29. April 2006 in Hamburg, Bucerius Kunst Forum (19/21/23 Uhr); am 4. Mai in Berlin, Tränenpalast (20 Uhr). Infos: www.alfons-fragt.de

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