Bigotterien der Ewiggestrigen
Ich verstehe gar nicht die Aufregung. Der PDS-Landesverband Hessen fordert mit der Entkriminalisierung des Cannabis-Konsums lediglich eine schon lange notwendige Anpassung der Institutionen und rechtlichen Rahmenbedingungen an die gesellschaftlichen Realitäten. (So auch kürzlich in Belgien geschehen.)
In Stuttgart werden z. B. unter dem Vorwand der Prävention von Delikten, die nach dem Betäubungsmittelgesetz dummerweise illegal sind, mit signifikanter Häufigkeit Menschen dunkler Hautund Haarfarbe durch die Behör den schikaniert. Trägt man hier aber auch als deutscher Privatier ein Gramm Marihuana in den Taschen, kann man sich schon getrost auf die rektale Untersuchung mit Plastikhandschuhen und Stabtaschenlampe freuen. (Auch in Bayern sehr beliebt!) Ob das auf der Wache oder in freier Natur stattfindet, kann gelegentlich schon mal zur Nebensache wer den. In den Stuttgarter Stadtparks werden im Sommer wahllos 15- und 16-Jährige auf übelste Weise nach Haschisch gefilzt.
Zivildienstleistende, die mit Menschen arbeiten, welche an Multipler Sklerose erkrankt sind, machen sich in ihrem Dienst alltäglich strafbar- weil sie losgehen, um ein bisschen Haschisch zu besorgen. Das hilft nämlich gegen Muskelkrämpfe, Muskelverzer rangen, Appetitlosigkeit, Depressionen und Schlafstörungen.
Während sich Millionen Menschen an «heiligen» Bundesgesetzen und überkommenen Moralvorstellungen versündigen, fahren CSU-Politiker besoffen mit ihren Nobelschlitten Passanten zu Tode, wird in den Medien und vor allem an den Schulen die Moralkeule gegen das «böse Kraut» geschwungen, um gleichzeitig unter der Parole «Keine Macht den Drogen» unter der Regie dieser Doofen und Kretins jedes Fußballspiel mit Hasseröder, Becks, Diebels einzuläuten.
Gerade PDS-Mitglieder sollten sich nicht den Bigotterien der Ewiggestrigen zuwenden, sondern sich die wissenschaftlichen Er kenntnisse über Cannabis zu Eigen machen. Ms Nebenprodukt des Streitens für soziale Gerechtigkeit sollte auch das Ende dieser dämlichen Kriminalisierung der Konsumenten stehen, bei gleichzeitiger Ausstattung der jungen Leute mit dem Wissen, das ihnen wenn sie es wollen - einen ver antwortungsbewussten Umgang mit Rauschmitteln ermöglicht.
Max Eifler, Kreisvorsitzender der PDS in Stuttgart
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