Verlorene Seelen auf See
aufBruch spielt Theater im Jugendgefängnis
In der Jugendstrafanstalt Berlin startete am Montag »Das Schiff der Träume«. Einen Klassiker der Filmgeschichte haben sich Werner Gerber und jugendliche Straftäter als Vorlage für die neue aufBruch-Theaterproduktion ausgesucht. Gerber, kein Neuling im Theatergeschäft, aber zum ersten Mal im aufBruch-Team, hat für sein Stück nicht nur Fellini-Motive, sondern auch Homers Odyssee und Texte von den Gefangenen verwendet.
»Wir sind so frei, wie es nur geht«, singt Lord 1. Als erster Offizier steht er am Steuerrad des Schiffs der Träume und spielt seine Rolle so ruhig und konzentriert, als wäre er ein alter Schauspielhase. Dabei steht er wie die meisten seiner Kollegen zum ersten Mal auf der Bühne. Das Schiff der Träume erweist sich als maroder Kahn, den die Reeder am liebsten auf dem Meeresgrund sähen, um die Versicherung zu kassieren.
»Verlorene Seelen auf See« - unterwegs in eine ungewisse Zukunft. Denn es finden sich blinde Passagiere an Bord, später brennt es, dann fällt der zweite Offizier über den Steuermann her und zerstört die Funkanlage. Die Lage eskaliert, als der Schiffsjunge den zweiten Offizier angreift. »Manchmal kann man den Hass nicht sehen, den ein Mensch in sich trägt.« Es entbrennt ein Streit zwischen Mannschaft und Offizieren. Ist die Tat des Schiffsjungen zu verurteilen? »Strafe macht die Welt nicht besser«, so ein Gefangener. Der Junge wird befreit, die Mannschaft träumt von Piraterie. Die Meuterei endet, als die Worte ertönen: »Hier spricht die Küstenwache!«
Es gibt viel Beifall für die Gefangenen, so viel, dass einige die positive Resonanz gar nicht fassen können. Sie fliehen förmlich vor der Wucht des Beifalls. Doch für den Schlussbeifall stehen alle wieder vereint auf der Bühne. Auch Ina Lux-Schulz von der Leitung der Jugendstrafanstalt ist zufrieden. Zwar, so erzählt sie, ist so ein Theaterprojekt angesichts der steigenden Gefangenenzahlen und des sinkenden Personalstandes eine Kraftanstrengung. Doch trotzdem sagt die stellvertretende Anstaltsleiterin: »Wenn aufBruch im nächsten Jahr wiederkommen will, würden wir uns freuen.«
Zunächst soll es im Juni eine aufBruch-Premiere in der Justizvollzugsanstalt Tegel geben. »Nibelungen« - die allererste OpenAir-Vorstellung im Ge...
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