Fußball gespielt und dabei Nazis besiegt
Fünf Mutige im Kampf gegen Rassismus geehrt Von Andreas Fritsche
Der Frührentner Lutz Wolff holte 1983 den Titel des Rostocker Bezirksmeisters im Judo. Gestern erhielt er im Roten Rathaus das «Band für Mut und Verständigung 2000». Ein Bündnis, dem unter anderem Gewerkschaften, Kirchen und Wohlfahrtsverbände angehören, verleiht diesen Ehrenpreis seit 1993 an Berliner und Brandenburger, die Zivilcourage bei der Verteidigung ausländischer Mitbürger aufbrachten.
Wolff trainiert die E-Jugend, also die 9- und 10-Jährigen des brandenburgischen Fußballvereins VfB Gramzow. Als er vor zwei Jahren vier Kinder afghanischer und sudanesischer Asylbewerber in seine Mannschaft holte, krakeelte ein Dutzend Jugendlicher vor der Sporthalle rechtsex treme Parolen. Weil sich der Trainer schützend vor die Kinder stellte, zog er sich die Feindschaft der Neonazis im Ort zu. Trotzdem ließ Wolff sich nicht davon abbringen, die Jungen mit dem Auto zum Fußballspiel abzuholen. Die Kinder empfahlen ihn und seine ebenfalls engagierte Frau Katja gemeinsam mit ihren Eltern für den gestern verliehenen Preis.
Was man getan habe, sei eine normale Sache, die eigentlich jeder tun sollte, bedankte sich Lutz Wolff am Montag. Der Regierende Bürgermeister, Eberhard Diepgen (CDU), fragte in einer Rede rhetorisch, ob es denn wirklich preiswürdig sei, Kinder zum Sport mitzunehmen. Wenn dem so sei, stimme etwas nicht in der Gesellschaft. Allerdings sei der Rechtsstaat durch «politischen Extremismus» nicht in seinen Grundfesten bedroht, versicherte Diepgen.
Aus 40 Vorschlägen aus der Bevölkerung wurden ebenfalls zur Preisverleihung ausgewählt die Gymnasiastin Annett Noack aus Guben sowie die Kindergärtnerin Erdmute Orthmann und der Berufsschullehrer Rainer Maischein aus Berlin. Noack ist Vorsitzende des Internationalen Jugendvereins. Sie sagte vor Gericht gegen Rechtsradikale aus, die sich in der Nacht zum 13. Februar 1999 an der tödlichen Hetzjagd auf den algerischen Asylbewerber Farid Guendoul beteiligten. Die Täter bedrohten in dieser Nacht die heute 18-Jährige, die mit einem afrikanischdeutschen Bekannten unterwegs war.
Orthmann gründete im Bezirk Zehlendorf das «Cafe Paula», einen Treffpunkt für Flüchtlingsfrauen. Maischein betreut Flüchtlingskinder in Auffanglagern. Der Religionslehrer erklärte, er nehme den Preis gern an. Er hätte ihn aber lieber angenommen, wenn es die Praxis der Abschiebehaft und einen Innsenator Eckart Werthebach (CDU) nicht gäbe, der gegen so genannte «Fremdworte» in der deutschen Sprache zu Felde ziehe.
Eine Entgleisung leistete sich bei der Veranstaltung der Präsident des Landessportbundes. Er halte wenig davon, die Extremisten des eigenen Lagers zu ver harmlosen und «dafür die radikalistischen Untaten der anderen Seite entsprechend aufzubauschen», sagte Peter Hainisch. Wer die Gräueltaten der Nazis zu Recht geißele, der dürfe vom «linksautonomen Terror» nicht schweigen.«
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